Tageszeitungen: Tarifverhandlungen ohne Fortschritt vertagt

Mit dem Slogan "Wir lieben Journalismus" im neuen Taschenstyle kommen die Stuttgarter Redakteurinnen und Redakteure zur Streikaktion Foto: Joe E. Röttgers

Als „respektlos“ gegenüber dem täglichen Engagement der Journalistinnen und Journalisten bezeichnete der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke das Verhalten der Verleger in den Tarifverhandlungen über die Honorare und Gehälter der über 14.000 Tageszeitungsjournalistinnen und -journalisten. Auch die vierte Runde am 15. Juni in Düsseldorf ging ohne Ergebnis zu Ende. „Während die Gewerkschaften am Verhandlungstisch konstruktive Vorschläge machen und an Lösungen arbeiten wollen, drehen sich die Verleger im Kreis und legen trotz stundenlanger interner Beratungen kein wirklich verbessertes Angebot vor“, so der ver.di-Verhandlungsführer.

Lediglich vier Prozent mehr Geld über eine Laufzeit von 36 Monaten in drei Schritten am 1. Juli 2016 und zum 1. Mai 2017 und 2018 sind die Verleger bereit zu zahlen, wobei die jeweiligen Erhöhungsschritte nicht beziffert worden sind. Freie und Pauschalist_innen sollten die Erhöhungen erst später bekommen.

Streikversammlung am 14. Juni in Baden-Württemberg Foto: Joe E. Röttgers
Streikversammlung am 14. Juni in Baden-Württemberg
Foto: Joe E. Röttgers

Im Vorfeld der vierten Runde und während der Verhandlungen wurden Redaktionen in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hessen bestreikt. Bereits einen Tag zuvor hatten über 300 Beschäftigte aus diversen Redaktionen in Baden-Württemberg die Arbeit nieder gelegt. Am letzten Wochenende waren zahlreiche Tageszeitungen in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen in streikbedingt reduziertem Umfang erschienen: „Die Kolleginnen und Kollegen geben mit ihren Streiks, mit Aktionen und auf Kundgebungen wie am Verhandlungstag in Hannover und am Verhandlungsort Düsseldorf sowie gestern mit der großen, öffentlichen Streikkundgebung in Stuttgart ein unüberhörbares Signal: Sie wollen endlich ein verhandlungsfähiges Angebot ihrer Verleger, das ihrer journalistischen Arbeit gerecht wird“, erklärte Frank Werneke, auf einer Kundgebung von Streikenden in Düsseldorf. Zum Auftakt der Gespräche, wurden den Verhandlern des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Unterschriften und Protestnoten überreicht, die die ver.di-Forderung nach einer Erhöhung der Gehälter und Honorare um fünf Prozent bekräftigen.

Hannover: Streik-Aktion am Tag der Tarifverhandlungen am 15. Juni 2016 Foto: ver.di
Hannover: Streik-Aktion am Tag der Tarifverhandlungen am 15. Juni 2016
Foto: ver.di

„Nachdem bereits in fast allen anderen Tarifbereichen Abschlüsse erzielt wurden, wollen die Kolleginnen und Kollegen jetzt endlich einen fairen Abschluss. Das haben sie mit der breiten Streikbewegung der letzten Tage unmissverständlich deutlich gemacht“, unterstrich Werneke. „Journalistische Arbeit hat ihren Wert und dieser Wert muss sich auch in der Bezahlung wieder finden. Mit dieser klaren Haltung gehen wir in die weiteren Verhandlungen“, machte Werneke deutlich. Bereits am 16. Juni würden die Streiks in Baden-Württemberg fort gesetzt.

Die fünfte Verhandlungsrunde findet am 29. Juni 2016 voraussichtlich in Berlin statt. ver.di fordert für fest angestellte und freie Tageszeitungsjournalistinnen und -journalisten eine Erhöhung der Honorare und Gehälter um fünf Prozent, mindestens aber 200 Euro mehr Geld.

Tarifergebnis für die Druckindustrie erzielt

Die rund 140.000 Beschäftigten der Druckindustrie erhalten 3,8 Prozent mehr Lohn. Darauf haben sich ver.di und der Arbeitgeberverband (BVDM) am 14. Juni 2016 in der vierten Verhandlungsrunde in Frankfurt/Main geeinigt. Das Ergebnis sieht eine zweistufige Tariferhöhung vor. Ab dem 1. Juli 2016 werden die Entgelte um 2 Prozent erhöht, ab dem 1. August 2017 noch einmal um 1,8 Prozent. Die Laufzeit des Tarifvertrags gilt bis zum 31. August 2018. „Die Tarifverhandlungen waren ausgesprochen schwierig. Die Arbeitgeber hatten bis zuletzt nur 2,3 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Monaten geboten. Dank der engagierten Streiks der Beschäftigten und der Androhung weiterer Arbeitsniederlegungen haben sich die Arbeitgeber schließlich bewegt“, sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke. Das Ergebnis steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Tarifkommission. Diese wird in der kommenden Woche entscheiden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Medienhäuser müssen Journalisten schützen

„Die Pressefreiheit ist auch in Deutschland zunehmend bedroht”, kritisiert die Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di, Tina Groll, zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Die dju in ver.di verzeichne mit großer Sorge eine wachsende Anzahl der Angriffe, die die Gewerkschaft für Medienschaffende in einem internen Monitoring festhält.
mehr »

Beitragsanpassung unter der Inflationsrate

Seit die aktuelle Empfehlung der KEF zur Beitragsanpassung vorliegt, gibt es mehrere Ministerpräsidenten, die eine Zustimmung zu einer Erhöhung kategorisch ausschließen. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren bereits geurteilt, dass sich ein Bundesland dem Vorschlag der KEF im bislang gültigen Verfahren nicht einfach so widersetzen darf. M sprach mit dem KEF-Vorsitzenden Prof. Dr. Martin Detzel über die aktuelle Debatte um die Rundfunkfinanzierung.
mehr »

Filmtipp: Die Mutigen 56

Hin und wieder ist es gar nicht verkehrt, sich bewusst zu machen, wie gut es uns in vielerlei Hinsicht geht. Jedenfalls gemessen an anderen Zeiten. Vieles von dem, was uns heute selbstverständlich erscheint, musste erst erkämpft werden, zum Beispiel die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall; davon erzählt das sehenswerte Dokudrama „Die Mutigen 56 – Deutschlands längster Streik“.
mehr »

Spanien: Als Terrorist beschuldigt

Der katalanische Investigativjournalist Jesús Rodríguez hat Spanien verlassen, um ins Exil in die Schweiz zu gehen. Ihm wird von Ermittlungsrichter Manuel García-Castellón die Unterstützung terroristischer Akte vorgeworfen. Die Schweiz sieht im Vorgehen der spanischen Justiz gegen den Katalanen einen „politischen Charakter“.
mehr »