Tarifstreit bei Radio Hamburg geht weiter

Screenshot Video: www.wirsindradio.hamburg

Die Beschäftigten von Radio Hamburg fordern einen Tarifvertrag. Vor mehr als zwei Monaten starteten sie deshalb die Kampagne #WirSindRadioHamburg und schrieben, weil die Geschäftsführung sich stur stellte, einen Brief an die Gesellschafter des Privatsenders. Die haben nun zwar geantwortet, doch unterdessen wurde in Hamburg eine Betriebsvereinbarung über Gehaltserhöhungen und weitere Leistungen abgeschlossen. Für die Radio Hamburg-Geschäftsführung ist der Tarifstreit damit beendet – für die Gewerkschaften und drei Viertel der Belegschaft hingegen nicht.

Denn über drei Viertel der aktuell 37 Beschäftigten bei Radio Hamburg hatten sich in den Gewerkschaften ver.di und DJV organisiert und eine Tarifkommission gegründet. Sie wollen nun mit den Gewerkschaften diskutieren, welche Möglichkeiten es gibt, auch nach Abschluss der Betriebsvereinbarung einen Tarifvertrag zu erreichen. Diese begrüßen ver.di und DJV zwar als Teilerfolg, machen aber zugleich klar, dass noch immer ein erheblicher Rückstand auf den Branchentarif des Tarifverbands Privater Rundfunk (TPR) bestehe, aus dem Radio Hamburg vor fünfzehn Jahren ausgeschieden war. Dank der Betriebsvereinbarung gibt es nun für alle Beschäftigten eine monatliche Anhebung von 250 Euro, anteilig für Teilzeitbeschäftigte, eine Einmalzahlung von 1000 Euro für 2018, eine Reduzierung der Arbeitszeit von 38 auf 37,5 Stunden sowie einen Mietkostenzuschuss in Höhe von 200 Euro für Volontärinnen und Volontäre. Außerdem sollen die Stundensätze für Freie angehoben werden. In den Genuss der zusätzlichen Sicherheiten des Tarifvertrags TPR wie etwa Zeitzuschläge, regelmäßige Gehaltssteigerungen, betriebliche Altersversorgung oder Jahresleistung kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Radio Hamburg so allerdings nicht. Deshalb wollen sie an ihrem Ziel eines Tarifvertrags festhalten.

Auf die Unterstützung der Gesellschafter des meistgehörten Hamburger Privatsenders können sie dabei allerdings nicht hoffen. In einem Brief hatten sie sich an Axel Springer SE, UFA Film- und Fernseh-GmbH, Heinrich Bauer Verlag KG, Lühmanndruck Harburger Zeitungsgesellschaft mbH & Co. KG und Morgenpost Verlag GmbH gewandt, damit diese dafür sorgen mögen, „dass wir – mit angemessenen Gehältern – auch in Zukunft unseren Hörerinnen und Hörern gemeinsam ein erfolgreiches Programm liefern können!“. Einen Monat später antwortete nun Christoph Falke, Head of Portfolio TV/Radio bei Axel Springer, für die Gesellschafter: „Wir wissen Ihren Einsatz und Ihre Leidenschaft für Radio Hamburg sehr zu schätzen, allerdings lehnen wir – genauso wie die Geschäftsführung – den Abschluss eines Tarifvertrages ab“.

Die Auseinandersetzung zwischen der Geschäftsführung von Radio Hamburg und den in den Gewerkschaften organisierten Beschäftigten hatte zuletzt groteske Züge angenommen. So wollte der Sender ver.di und DJV in einem Eilverfahren verbieten lassen, die Domain www.wirsindradio.hamburg für ihre Kampagne zu verwenden. Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Unterlassungsantrag vergangene Woche jedoch zurückgewiesen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »