Nach langen Diskussionen hat die außerordentliche Mitgliederversammlung der VG Wort am 26. November mit jeweils klarer Mehrheit in allen Berufsgruppen einen „Korrektur-Verteilungsplan“ für die von den Verlagen zurückgeforderten Ausschüttungen seit 2012 sowie ein anonymisiertes Verfahren zur möglichen Abtretung von Nachforderungsansprüchen seitens der Autoren an Verlage beschlossen. Allerdings fand die notwendige Anpassung des Verteilungsplans an das neue Verwertungsgesellschaftengesetz später keine Mehrheit.
Auf der letzten außerordentlichen Versammlung der Mitglieder am 10. September hatte keiner der Vorschläge für die Korrektur der Verlagsausschüttungen der Vergangenheit die erforderlichen Mehrheiten gefunden, weil die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in der Berufsgruppe der Journalisten um drei Stimmen verfehlt wurde (siehe M Online vom 11. September 2016). Daraufhin hatte der Verwaltungsrat am 10. Oktober einstimmig einen Beschluss über die Rückforderung der im Zeitraum 2012 bis 2015 zu Unrecht an Verlage ausgeschütteten Beträge gefasst, um zumindest diese einzuleiten (siehe Presseinformation der VG Wort vom 11. Oktober 2016).
Gemäß dieses Beschlusses wurden die Verlage, die in den Jahren 2012 bis 2015 Auszahlungen von Einnahmen aufgrund der Wahrnehmung von gesetzlichen Vergütungsansprüchen erhalten hatten, von der VG Wort Ende Oktober dazu aufgefordert, diese Beträge bis zum 30. November 2016 zurückzuzahlen. Seither sind fünf bis sechs Millionen Euro bei der VG Wort eingegangen. Insgesamt geht es bei Rückforderung und Neuverteilung um rund 100 Millionen Euro. Sie sollen nun bis spätestens Jahresende 2017 an die Autorinnen und Autoren ausgeschüttet werden. Dies ist die Folge des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2016 zur Rechtswidrigkeit einer pauschale Ausschüttung an Verlage (siehe M Online vom 13. Juni 2016).
Der am vergangenen Wochenende abgestimmte Antrag zum „Korrektur-Verteilungsplan“ und zur möglichen Abtretung von Nachforderungsansprüchen war nunmehr von der VG Wort um die Vorschläge des Freischreiber-Vorstandes für eine Verzinsung der Rückforderungen durch die Verlage ergänzt worden.
Nach dem neuen Beschluss wird den Verlagen eine längere Zahlungsfrist eingeräumt. Im Einzelfall kann der Vorstand der VG Wort gegenüber Verlagen Zahlungsaufschub gewähren, sofern der betreffende Verlag glaubhaft macht, zur kurzfristigen vollständigen Rückzahlung außer Stande zu sein oder dadurch in die Gefahr der Insolvenz zu geraten.
Besonders kleinere Buchverlage können in ihrer Existenz durch die Rückzahlungen existenziell betroffen sein, so dass eine Reihe von Autorinnen und Autoren zum Verzicht ihrer Nachausschüttungsbeträge bereit ist. Dazu können sie gegenüber der VG Wort eine Abtretungserklärung abgeben. Sie erfolgt in einer für die Verlage anonymen Form, was eine wichtige Forderung der Autorenverbände war. Auch die Presseverlegerverbände BDZV und VDZ wurden durch den Beschluss vom 10. Oktober verpflichtet, die in den Jahren 2012 bis 2014 in den Sparten Tageszeitungen, Wochenpresse und Publikumszeitschriften erhaltenen Beträge bis zum 30. November zurückzuzahlen. Hier ist eine Abtretung für Journalisten nicht möglich, wohl aber für die reguläre Ausschüttung von Online-Texten (METIS). Die dju in ver.di hat allerdings ihre Mitglieder bereits aufgefordert, im Pressebereich keine Abtretungserklärungen zu unterschreiben.
Nicht völlig geklärt ist die umsatzsteuerliche Behandlung solcher Abtretungen zugunsten von Verlagen. Zwar hat sich auf Initiative der VG Wort die Bund-Länder-Kommission beim Bundesfinanzministerium mit dieser Frage befasst und auf eine „pragmatische Lösung“ geeinigt, wie diese aber konkret aussieht, wurde bis zur Münchener Versammlung nicht bekannt. Der Beschluss sieht deshalb die Möglichkeit vor, statt der Abtretung auch eine andere Form zu wählen (zum Beispiel eine Verzichtserklärung), die eine für die Autoren steuerlich neutrale Möglichkeit gewährleistet. Die VG Wort wird darüber in den nächsten Tagen auf ihrer Website informieren.
Notwendig wäre es gewesen, bei der Münchener Versammlung auch Satzung und Verteilungsplan der VG Wort an die Bestimmungen des neuen Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG) anzupassen. Dies sieht das VGG mit Frist bis zum Jahresende 2016 vor. Dies gelang zwar für die Satzung, nicht aber für den Verteilungsplan. Hier wurde vorgeschlagen, dass dieser nach wie vor die alten Verteilungsquoten zwischen Autoren und Verlagen enthält, vorbehaltlich einer neuen Verteilungsregelung, die noch zu beschließen ist. Nach mehr als fünfeinhalb Stunden war die Beteiligung an der Versammlung aber bereits am Abbröckeln, so dass eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Berufsgruppe der Journalisten nicht zustande kam. Welche Konsequenzen dies hat, bleibt zunächst unklar.
Der neue Verteilungsplan muss aber bis zur nächsten außerordentlichen Mitgliederversammlung der VG Wort am 18. März 2017 beschlossen werden. Denn sonst könnte die Hauptausschüttung Mitte 2017 nicht erfolgen. Nach Auskunft des VG-Wort-Vorstands wird die Verwertungsgesellschaft 2016 Einnahmen von mindestens 180 Millionen Euro erzielen.