Die vierte Verhandlungsrunde für die rund 13.000 Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen ist ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Bereits seit Freitag war in insgesamt acht Bundesländern gestreikt worden. Allein in München haben sich heute 200 Redakteur_innen an einer Streikversammlung in der Innenstadt beteiligt. Mehrere Zeitungen, darunter die Lübecker Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung, aber auch die Lokalteile der Süddeutschen Zeitung müssen aufgrund der Warnstreiks in deutlich reduziertem Umfang erscheinen.
„Mit diesen Verlegern ist heute kein Abschluss zu erreichen, der zu einer echten Reallohnerhöhung führt. Das können wir nicht akzeptieren“, bewertete ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel das Angebot des Verbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Zwar hätten die Verleger leicht nachgebessert, böten nun eine Laufzeit von 24 statt wie vorher 30 Monaten und Erhöhungen um 1,3 Prozent jeweils zum 1. Mai 2018 und 2019 statt wie bisher zum 1. August 2018 und 2019. Aufs Jahr gerechnet lägen die Redakteurinnen und Redakteure mit solch einer Einkommenssteigerung allerdings immer noch deutlich unter der allgemeinen Preissteigerung, kritisierte von Fintel: „Das reicht vorne und hinten nicht. Die Verleger müssen verstehen, dass es hier nicht um Almosen oder Kosmetik geht, sondern um eine angemessene Bezahlung des Kernbereichs der Medienhäuser.“ Daran ändere auch die seitens des BDZV ins Gespräch gebrachte Einmalzahlung für die Monate Januar bis April 2018 nichts, die zudem noch nicht einmal beziffert worden sei. Von Fintel: „Unsere bundesweit streikenden Kolleginnen und Kollegen haben uns dazu einen ganz klaren Auftrag gegeben: Es geht in diesen Verhandlungen um spürbar mehr Geld und eine überproportionale Erhöhung und um nichts Anderes. Das haben wir in der heutigen Verhandlung auch sehr klar zum Ausdruck gebracht. Wenn die Vertreter des BDZV sich davon nicht überzeugen lassen, werden die Streikenden die passende Antwort finden.“
Schon jetzt wurden die bereits am Freitag gestarteten Warnstreiks zur vierten Runde erneut ausgeweitet und erreichten damit einen weiteren Höhepunkt. So haben heute bundesweit über 1000 Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeit niedergelegt. Im Stuttgarter DGB-Haus haben sich seit 11 Uhr rund 300 Teilnehmer_innen einer landesweiten Streikversammlung eingefunden, um sich nicht nur über den Stand der Tarifverhandlungen austauschen, sondern auch zur Situation in den einzelnen Verlagen insgesamt.
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Der stellvertretende Bundesvorsitzende der dju in ver.di Peter Freitag zu den Streikenden: „Trotz Auflagen- und Anzeigenrückgang verdienen die Verlage noch immer Geld. Mit unserer Arbeit machen sie Gewinne, die sie im Zuge der digitalen Transformation in neue Geschäftsfelder investieren. Wir tragen jeden Tag dazu bei – dadurch, dass wir trotz Stellenabbau und ständiger Arbeitsverdichtung guten Journalismus machen.“
Ähnlich viele Journalist_innen waren zu einer Streikversammlung in die Münchner Innenstadt gekommen, über die auch die taz berichtete:
Streik bei Tageszeitungen: „Frustration hoch, Stimmung gut“ https://t.co/xHo81WhDFU
— taz.de: Schlagzeilen (@taz_news) 9. April 2018
Unter den 150 Streikenden aus Münchner Zeitungen, darunter über 100 aus der Süddeutschen Zeitung, und den 60 Soli-Streikenden der SZ-Digitaltochter SZDM herrscht nach Aussage eines Anwesenden „eine elektrisierende Stimmung“. Wohl auch, weil sie wissen, dass ihre Arbeitsniederlegung Wirkung zeigt. So soll die Süddeutsche Zeitung morgen wohl ohne Landkreisteil erscheinen und auch die Stadtviertelseiten in München sind nicht dabei, also auch keine Serviceseiten mit Terminübersichten. Ein Fortschritt im Vergleich zu früheren Streiks, als es immer wieder mal Notausgaben mit verringerten Umfängen für diese Lokalausgaben gegeben hatte.
Weitere Streikversammlungen gab es in Nürnberg und natürlich am Verhandlungsort in Frankfurt, wo sich etwa 70 Redakteur_innen der Frankfurter Neuen Presse mit Regionalausgaben und der Echo-Gruppe aus Südhessen getroffen haben. In Bielefeld zogen die streikenden Redakteurinnen und Redakteure durch die Innenstadt und auch in Braunschweig trafen sich Journalist_innen der Braunschweiger Zeitung vor der Redaktion, um anschließend in die Fußgängerzone weiterzuziehen und die Passant_innen in Gesprächen und mit Flugblättern über ihre Forderungen zu informieren.
Bis in den Norden rollte die Streikwelle, wo Journalistinnen und Journalisten aus allen Redaktionen der Ostsee-Zeitung in einen ganztägigen Warnstreik getreten sind. Neben der angemessenen Erhöhung der Gehälter und Honorare wollen sie vor allem eine Verbesserung der Bedingungen für die sogenannten freien Mitarbeiter_innen. Dazu, so fordern sie, soll der bisher nur in den westlichen Bundesländern geltende Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche freie Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen auch auf Mecklenburg-Vorpommern ausgedehnt werden. Dem Ausstand hatten sich auch Redakteur_innen der tariflosen Tochterfirma OIM angeschlossen, die zu deutlich schlechteren Bedingungen – geringeres Gehalt, längere Arbeitszeiten und weniger Urlaub – für die Ostsee-Zeitung arbeiten.
Die dju in ver.di fordert in der aktuellen Tarifrunde eine Erhöhung der Gehälter und Honorare um 4,5 Prozent, mindestens aber um 200 Euro.
Die Verhandlungen werden am 25. April 2018 voraussichtlich in Berlin fortgesetzt.
Mehr Informationen immer aktuell auf der Website der dju in ver.di