ProQuote fordert mehr Frauen-Machtanteile in Medien, Kunst und Kultur. Der Journalistinnenbund setzt in Projekten und durch Vernetzung auf Empowerment. Um diese Ermächtigung von Frauen geht es auch der Kommunikationsberaterin Vera Steinhäuser in ihrem „Mutbuch“, denn „Macht scheint vielen Frauen verdächtig“. Erfahrungen als Coachin für Female Empowerment und aus ihrem Podcast „die Macht Zentrale“ sind Grundlage dieses Ratgebers.
Namensgeberin ihres Buches und auch ihres Podcasts, den sie im März 2022 startete, sei eine Whatsapp-Kommunikationsgruppe „die Macht Zentrale“ gewesen, verrät Steinhäuser auf der letzten Seite. Diese habe sie zusammen mit Frauen gegründet, „die mitten im Leben stehen“ und „es mit allen Herausforderungen aufnehmen“. Mit ihrem Podcast, in dem Steinhäuser Frauen porträtiert, die die gläserne Decke durchstoßen haben, will sie auch anderen Mut machen und lädt die Leser*innen ihres Ratgebers in zahlreichen QR-Code-Hinweisen zum Reinhören ein. Vorgestellt werden unter anderen die stellvertretende Chefredakteurin der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ Nana Siebert oder die engagierte Journalistin Nicole Adler. Leider ist der Zugang zu den Podcasts nicht barrierefrei.
Patriarchat und Ungleichheit
Das locker geschriebene Buch ist poppig aufgemacht mit dominantem Rosa, das auch Kapitelüberschriften, Seitenzahlen, Endnoten und Empowerment-Tipps hervorhebt. Ihren persönlich gehaltenen Text gliedert die Autorin in drei große Blöcke. Unter „Then“ blickt sie in die Geschichte der Machtverteilung zwischen den Geschlechtern und die Entstehung des Patriarchats mit den gesellschaftlichen Rollenzuweisungen. Dem gängigen Verständnis von Macht als Herrschaft stellt sie aus Frauenperspektive die Definition von Macht als Handeln im Einvernehmen mit anderen und „kollektive Kraft“ gegenüber und plädiert dafür, „durch egalitäre Entscheidungsstrukturen bessere Lebensbedingungen für alle zu erwirken“.
Who cares?
Der zweite Block „Now“ beschreibt den Status Quo der Machtverteilung, die Unsichtbarkeit von Care-Arbeit und die Notwendigkeit von Quoten für die berufliche Gleichstellung. Steinhäuser thematisiert hier, wie der Druck von Rollenerwartungen und patriarchaler Sprache, die mit einseitiger Geschichtsschreibung einhergeht, die Persönlichkeitsentwicklung von Männern und Frauen beeinflusst. Im dritten Teil lotet sie unter „Now Then“ Veränderungsmöglichkeiten aus und plädiert für ein „neues Mindset“, das weibliche Aspekte und Kompetenzen berücksichtigt. Shared Leadership und flexible Arbeitszeiten kämen letztlich Männern und Frauen zugute.
Doch der Weg dahin sei für Frauen aufgrund sich widersprechender Rollenerwartungen (beliebt und erfolgreich) steiniger als für Männer, so Steinhäuser. Im letzten Drittel ihres Buches gibt sie konkrete Tipps für die Selbstermächtigung von Frauen – im Privat- und Berufsleben: wie es gelingt, sich von gängigen Rollenerwartungen abzugrenzen statt „Everybody’s Darling“ zu sein, nach eigenen Werten zu leben, zu fordern und zu verhandeln, die eigene Komfortzone zu verlassen, durch Power Posing sich und durch Solidarität und Netzwerken auch andere zu ermutigen.
Praxistipps für Mittelstandsfrauen
Steinhäuser gelingt es, komplizierte Zusammenhänge verständlich zu erklären, indem sie auf „die mir wichtigen Ergebnisse“ zurückgreift. Leider blendet sie dabei aus, dass Geschlecht nicht nur ein soziales, sondern auch ein biologisches Konstrukt ist. Sie führt gesellschaftliche Ungleichheiten beispielsweise auf naturgegebene, hormonelle Unterschiede zurück, wenn sie schreibt „Frauen sind empathischer als Männer“ oder „Mädchen raten nicht gerne“. So ist das Buch vor allem interessant für (Mittelstands-)Frauen, die konkrete Praxistipps für ein selbstbestimmtes Leben in Alltag und Beruf suchen. Auch Journalistinnen finden hilfreiche Karriereanleitungen in dem Ratgeber.
Vera Steinhäuser:„die Macht Zentrale. Ein Mutbuch für unerschrockene Frauen, die gestalten wollen“, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2023, 207 Seiten, 24 Euro.