KI in der Fotografie

André Leisner Foto: privat

In der Debatte um KI wird häufig davor gewarnt, womit wir es zukünftig vermehrt zu tun haben werden, wie Fakes oder Urheberrechtsverletzungen – nicht zuletzt bis hin zur Verdrängung der Fotograf*innen durch KI. Aber KI bietet auch viele Vorteile für Fotograf*innen. „In der Bildbearbeitung ist künstliche Intelligenz ein absoluter Gamechanger“, sagt der Fotograf André Leisner aus Lübeck, der auch im Marketing zu Hause ist.

Wie kann KI beispielsweise in der Bildbearbeitung eingesetzt werden und welche Vorteile hat das? 

Als Fotograf sehe ich viele Vorteile beim Einsatz einer KI-gestützten Software in der Bildbearbeitung. Sei es das generative Erweitern eines Bildes, wenn man einen größeren Bildausschnitt benötigt, oder das generative Ersetzen, wenn man einen bestimmten Bereich korrigieren möchte. Woran man früher etliche Stunden gesessen hatte, hätte ich heute in wenigen Sekunden mit künstlicher Intelligenz bearbeitet.

Und die Nachteile?

Der Preis für diese Fotos könnte neu – nach unten – bewertet werden, je nachdem wie diese „Arbeitserleichterung“ nach außen kommuniziert wird. Wobei KI unterstützte Software meistens monatlich bezahlt werden muss, da viele Anbieter ein Monats- oder Jahresabo bereit halten, im Gegensatz zu einem einmaligen Kauf. Selbst Adobe Photoshop (PS) nimmt für das Arbeiten mit der generativen Füllung Credits. Je nachdem, wie lange man PS bereits nutzt, hat man einige Credits monatlich frei. Benötigt man weitere darüber hinaus, muss man sie bezahlen.

Wer ist André Leisner?

Der Berufsfotograf aus Lübeck hat in der Businessfotografie einen guten Namen und mit vielen bekannten Firmen wie Heinrich Hünicke, Dräger, UKSH, Dr. Klein und vielen weiteren zusammengearbeitet. Sein Name steht für Qualität! 371 Bewertungen und 5 Sterne – damit ist er der bestbewertete Fotograf im Großraum Lübeck. Seine Bilder werden in Büchern und Zeitschriften verwendet.
Die Fotografie-Fachzeitschrift c’t interviewte ihn kürzlich zum Thema Suchmaschinenoptimierung. Karl Kratz, die Online-Marketing-Koryphäe, lobte seine SEO-Arbeit für die Autolackiererei Jürs. Auf seiner eigenen Webseite sind über 200 Artikel zur Fotografie zu finden.

Okay, man sollte hier auch genauer schauen, in welchen Bereichen sich ein Nachteil ergeben könnte. Ich habe mal einen Test gemacht mit verschiedenen Anbietern, die anhand einer Handvoll Selfies Businessbilder erstellen. Dabei habe ich verschiedene Anbieter gegenübergestellt und selbst getestet. Unterm Strich sahen manche Ergebnisse gar nicht so schlecht aus. Bei einigen könnte man sogar behaupten, dass sie genutzt werden können. Das ist einige Wochen her. Die Sprünge, die KI in den letzten Monaten gemacht hat, sind gewaltig. Ich denke, dass die Ergebnisse zukünftig noch besser sein werden und von daher KI generierte Bewerbungsbilder oder Businessbilder anhand von Selfies für einige interessant sein könnten. Fotograf*innen würden dadurch in dem Bereich weniger Aufträge erhalten.

Welche Tools empfehlen Sie dafür?

An vorderster Stelle nutze ich PS für die Bildbearbeitung. Es bietet die angesprochenen Funktionen: generatives Erweitern und generatives Füllen an oder auch sehr nützlich das Entrauschen und den Entfernenpinsel. Letzteres ist so unglaublich gut, dass man damit vieles machen kann. Etwas heraus zu retuschieren, gar kein Problem – selbst zum Bügeln einfarbiger Kleidung sehr hilfreich. Darüber hinaus nutze ich auch mal Topaz, um Bilder nachzuschärfen, oder sehe mir an, wie das Entrauschen damit aussieht, im Gegensatz zu PS. 

Erst kürzlich habe ich Imagen für mich entdeckt. Damit ist es möglich, Bilder in eigenem Stil automatisiert bearbeiten zu lassen. Welche Arbeitsschritte dafür vonnöten sind, das lasse ich außen vor, aber unterm Strich kann man mit Imagen eine KI beispielsweise über eine komplette Hochzeit laufen lassen, die dann alle Bilder bearbeitet und den Stil einfügt. Darüber hinaus noch den Weißabgleich vornimmt, alle weiteren Arbeitsschritte, Tonwert-Farbkorrekturen, das Erstellen von Masken usw. Die Zeit, die man als Fotograf damit spart, ist immens.

Bleibt der eigene Stil des kreativen Fotos dabei nicht auf der Strecke?

Nein, der Fotograf macht nach wie vor die Bilder, man benötigt das menschliche Auge. Ein schlechtes Bild bleibt ein schlechtes Bild. Da nützt es auch nichts, wenn es richtig belichtet ist, die Farben stimmen und/oder ein Filter (Stil) drübergelegt wird. Nehmen wir die zuvor erwähnte Software Imagen. Sie übernimmt Arbeiten der Fotografen, ist sozusagen ein zusätzlicher Mitarbeiter. Weitere Bildbearbeitungen verbleiben bei der Fotografin oder dem Fotografen, um zum Beispiel bestimmte Artefakte heraus zu retuschieren.

KI-Systeme sind jedoch in der Regel noch nicht ausgereift – ist da nicht auch Vorsicht geboten?

Die Frage ist: Was passiert mit den Daten? Das ist bei einigen Anbietern noch etwas undurchsichtig. Hier sollte man weiter den Markt beobachten, welche Verfahrensweisen etwa bei Datenlecks empfohlen werden oder welche neuen Regelungen es zum Umgang mit KI gibt. Man sollte stets mit einem gesunden Menschenverstand an das Arbeiten mit KI gehen. Und es wird immer die zwei Seiten geben: die eine Seite, die KI schlechtredet und die andere Seite, die KI hypt. 

Auf dem letzten IHK Symposium Kreativwirtschaft in Lübeck sprachen wir auch über das Thema KI und ob eigene Bilder zu Trainingszwecken für Bildgeneratoren eingesetzt wurden. Es gibt ein Tool namens „Have I Been Trained“ mit dem man herausfinden kann, ob eigene Bilder dafür verwendet wurden. Ich habe dort einige von mir entdecken können!

Das tangiert das Urheberrecht?

Ja, es geht um die Frage von Urheberrechtsverletzungen. Da sollten sich alle Gremien noch mal an einen Tisch setzen und das Ganze bewerten. Jedoch sehe ich den Einsatz von KI in der Bildbearbeitung als durchaus hilfreich an. Und wenn dazu das eine oder andere Bild von mir zu Trainingszwecken genutzt wird, ist das für mich okay. Wenn es Kundenbilder sind, bin ich wieder bei dem gerade angesprochenen. Hier gilt genau abzuwägen, welche Bilder zu Trainingszwecken genutzt werden dürfen und wie die Wege aussehen könnten, bezüglich einer Einverständniserklärung, gegebenenfalls Vergütung oder natürlich auch, um die Nutzung zu untersagen.

Ist Bildbearbeitung mit KI in der Pressefotografie erlaubt?

Bilder wurden auch vor KI bearbeitet, auch in der Pressefotografie. Es wurde aufgehellt, abgedunkelt, der Bildausschnitt angepasst. Von daher hat das auch hier  immer schon stattgefunden. Das ist in meinen Augen absolut in Ordnung, vor allem wenn es durch die Urheberin, den Urheber erfolgt, in der Regel bevor sie oder er das Foto zur Veröffentlichung freigibt. Ein No-Go ist  Sachen hinzuzufügen, die vorher nicht da waren, oder wichtige Elemente zu löschen, die den Wahrheitsgehalt des Bildes verfälschen. Ein Bild komplett zu entfremden, das später nichts mehr mit der Realität zu tun hat, sollte nicht erlaubt sein. 

Was ich sehr häufig beobachte, ist Werbung mit KI-generierten Bildern, bei denen ich mich häufig frage, ob sich die jemand genauer angesehen hat oder wie der Freigabeprozess war. Es fällt bisher immer noch auf, wenn ein Bild mit künstlicher Intelligenz erzeugt wurde. Klar, es ist eine Frage der Zeit, wann der Unterschied nicht mehr sichtbar wird.

Wie sieht es mit der Transparenzpflicht aus? Sollte ein mit KI gestaltetes Foto entsprechend gekennzeichnet sein?

Kennzeichnung eines komplett generierten Bildes mit KI: Ja. Ist eine leichte Bearbeitung mit KI erfolgt, lässt sich darüber diskutieren, ob das auch dazu geschrieben werden muss. Was in den Medien immer wieder heiß diskutiert wird, sind Retuschen von Posen, die über eine leichte Beautyretusche hinausgehen. Hier spreche ich jetzt nicht vom Retuschieren einer Hautunreinheit oder um Augenringe etwas zu mildern, sondern vom Hinschieben von Proportionen, einem kompletten Morphing. Ob das kennzeichnungspflichtig sein sollte? 

Auf jeden Fall, interessant könnte hier ein Vorher-Nachher-Bild sein. Aber man braucht doch nur mal auf die Glamourblätter oder Fernsehzeitschriften zu sehen. Das COVER-Bild ist immer retuschiert. Glaubt wirklich jemand,  Menschen sehen so aus? Das sogenannte Schönheitsideal sollte mal genauer in Augenschein genommen werden, auch generell, was die Selbstwahrnehmung anbelangt. Zuhauf sehe ich Filter auf Bildern: Menschen, die gar nicht mehr wie in Natura aussehen und sich nur noch mit dem Filter zeigen. Da frage ich mich schon manches Mal: Sehen sie sich wirklich so wie auf den Bildern? Was ist, wenn sie live unterwegs sind und Menschen treffen?

Neue Technologien, noch dazu solche wie KI, die sich rasant entwickeln, erfordern auch ein wachsendes Wissen. Bezahlbare Weiterbildung ist wohl die Lösung. Aber gibt es dafür schon genügend Angebote? 

Wo eine Nachfrage besteht, wird es auch ein Angebot geben. Dienstleister wollen damit ja auch Geld verdienen. Ich habe bereits einige Unternehmen gesehen, die Schulungen zu KI anbieten. Ob dies jetzt schon flächendeckend vorhanden ist, kann ich nicht beurteilen. Wenn man sich dafür interessiert, wird man nicht darum herumkommen, sich selbst zu informieren und immer wieder zu prüfen, welche Neuerungen es gibt und wie sie einem dabei helfen, Arbeitsabläufe zu verbessern. Diese Rolle sehe ich auch in der Verantwortung der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammern. Zwar habe ich hier regional schon vereinzelte Angebote gesehen, aber die bezogen sich auf absolute Basic-Arbeiten. Also für Personen, die sich noch gar nicht mit der Materie beschäftigt haben.

 


Mehr lesen zum Thema KI und den ver.di-Forderungen: 

https://mmm.verdi.de/beruf/digital-was-aendert-sich-2024-93655

https://dju.verdi.de/ueber-uns/nachrichten/++co++b37bc970-0898-11ef-9eec-fb0a6a4a5a84

https://mmm.verdi.de/ausgaben/heft-3-2023/

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