Gemeinsame Schritte gegen SLAPPS

Bettina Hesse und Jasper Prigge

Bettina Hesse und Jasper Prigge zu SLAPPs auf der re:publica. Foto: ver.di

Es sind vulnerablere Personen oder Organisationen, die von Unternehmen oder wohlhabenden Einzelpersonen gezielt mit Abmahnungen oder Klagen überzogen werden. Übermäßig hohe Schadensersatzforderungen, sehr hohe Anwaltskosten, großflächiges Vorgehen gegen jegliche sich äußernde Stimmen und ein kompromissloses Verfolgen kleinlicher Forderungen sind typische Charakteristika von SLAPPs in Deutschland.

SLAPP-Talk

Auf der re:publica in Berlin beleuchteten Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge und Bettina Hesse (dju in ver.di) konkrete SLAPP-Fälle in Deutschland. Der Talk informierte über die Strategien der Kläger*innen, über die intendierten und letztlich erzielten Auswirkungen von SLAPPs sowie über die neue Anlaufstelle für Publizist*innen, die von juristischen Einschüchterungsversuchen betroffen sind.

Zur Strategie von Kläger*innen gehört, Fälle so lange wie möglich in die Länge zu ziehen, um Beklagte finanziell wie auch psychologisch zu strapazieren. Und die Abschreckung verfängt – bei ressourcenschwächeren Zielen eher als bei großen Medienorganisationen mit eigenem Justiziariat. Denn über bestimmte Themen journalistisch zu berichten oder überhaupt öffentlich zu sprechen, wenn von einer engen Beobachtung durch klagefreudige Akteur*innen auszugehen ist, erfordert immensen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Da ist es natürlich leichter, von dem Thema Abstand zu nehmen.

Problem mit internationaler Dimension

Mit Blick auf die kürzlich in Kraft getretene EU-Richtlinie gegen SLAPPs wurde im Talk auf der Digitalmesse re:publica deutlich, dass sie in ihrer jetzigen Form nur wenigen SLAPP-Betroffenen tatsächlich helfen würde. So bezieht sie sich nur auf internationale Fallkonstellationen, die vor Gericht landen. Die inflationär strategisch eingesetzten Abmahnungen fallen nicht unter ihren Schutz, ebenso wenig wie inländische Fälle.

Zudem bleiben Beklagte auf ihren – je nach Streitwert mitunter hohen – Anwaltskosten sitzen. Auch werden missbräuchliche juristische Schritte wie etwa unverhältnismäßig hoch angesetzte Streitwerte nicht ausreichend sanktioniert. Für die Bundesregierung bleibt bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht in der verbleibenden Amtszeit also viel zu tun, um damit den demokratischen Diskurs tatsächlich wirksam zu stärken.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen


Journalist*innen, die eine Abmahnung oder Klage kassieren, sollten wissen: Sich gegen SLAPPs zu wehren, lohnt sich. Viele Fälle können abgewehrt werden. Unterstützung und Expertise bietet die neue unabhängige Anlaufstelle zum Schutz publizistischer Arbeit unter www.noslapp.de.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Global denken, lokal berichten

Die Klimakrise wird angeheizt durch soziale Ungleichheit, politisches Zögern und die Beharrungsinteressen der  wirtschaftlich Mächtigen. In dieser Gemengelage versuchen Klimajournalist*innen, über die Bedrohung unseres Planeten durch Erderwärmung und Artensterben aufzuklären und gleichzeitig Handlungsoptionen zu vermitteln. Über das „Wie“ diskutieren sie seit Jahren intensiv.
mehr »

Erneute Warnstreiks bei ARD und ZDF

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) intensiviert seit Mittwoch (25. September 2024) die Streiks bei zahlreichen ARD-Sendern und dem ZDF. Sie will mit den Angestellten und arbeitnehmerähnlichen Freien in den Rundfunkanstalten endlich entscheidende Bewegung in die Tarifverhandlungen für die einzelnen Rundfunksender bringen. Es kam bereits zu zahlreichen Programmausfällen.
mehr »

Gemeinnützigen Journalismus sichern

In ihrem Koalitionsvertrag legten die Ampelparteien fest, dass sie Projekten des gemeinnützigen Journalismus Rechtssicherheit geben wollen, indem sie solche nicht gewinnorientierten Projekte als gemeinnützig in die Abgabenordnung aufnehmen. Dass dies nun am Widerstand einzelner Bundesländer gescheitert ist, kritisiert die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten- Union (dju) in ver.di scharf und fordert, den gemeinnützigen Journalismus nun über das Steuerfortentwicklungsgesetz, das ab heute im Bundestag diskutiert wird, in die Abgabenordnung aufzunehmen.
mehr »

Gestaltungsspielraum für ÖRR gefordert

Am morgigen Donnerstag wollen die Ministerpräsidentin und Ministerpräsidenten zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung beraten. Ein erster öffentlicher Entwurf des sogenannten „Reform-Staatsvertrags“ soll beschlossen werden. Die Länder hoffen durch die Reform auch auf Einspareffekte. Ver.di kritisiert, dass zu wenig KnowHow von innen in den Prozess fließe.
mehr »