Fairnesspreis für‘s Brücken bauen

"Das beste Orchester der Welt" mit Ingbert Socke als Kontrabassist Foto: http://henningbackhaus.com/

ver.di FilmUnion und BFFS zeichnen aus: „Das beste Orchester der Welt“

Regisseur Henning Backhaus wurde am 3. September für seinen Kurzfilm „Das beste Orchester der Welt“ mit dem Deutschen Fairnesspreis Film und Fernsehen geehrt. „Brücken bauen“ war 2021 das Motto des von der ver.di FilmUnion und dem Schauspielverband BFFS seit 2019 gemeinsam ausgelobten Preises. Er wurde neben acht Kategorien und weiteren Spezialpreisen im Rahmen der Verleihung des Deutschen Schauspielpreises im Berliner Club Spindler&Klatt vergeben. Partner war in diesem Jahr das „Projekt Zukunft“, eine Initiative der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Im ausgezeichneten Film geht es um einen Kontrabassisten – eine Socke, Ingbert Socke! Bei einem anonymen Vorspiel der Wiener Staatskapelle überzeugte er sofort. In Augenschein genommen, ist das Erstaunen groß. Eine Socke im Orchester: unvorstellbar.

„Der Film „Das beste Orchester der Welt“ hält uns den Spiegel vor“, heißt es in der Begründung der Jury, vorgetragen von Schauspielerin Natalia Wörner. „Er konfrontiert uns mit der Frage, ob wir nur das Talent gelten lassen wollen, das man jemandem von vornherein ansieht.“ Fairness bedeute Anstand und Gerechtigkeit gegenüber anderen, betont die Jury: „Henning Backhaus erzählt vom Mühsal der Ausgrenzung – und zwar auf beiden Seiten. Wenn das Auswahlgremium sich in seinen Ablehnungsgründen verheddert, ist es für Ingbert unmöglich, sich dagegen zu wehren. Schon gar nicht, wenn er Generalmusikdirektor Sawollisch auf seine eigene Sockenexistenz hinweist. Mit seiner absurden Komik und in handwerklich überzeugender Weise wirbt der Film dafür, eigene Annahmen über andere zu hinterfragen, Verschiedenheit und Anderssein zuzulassen, ja sogar Gewinn und Reichtum darin zu erkennen.“

Der Film nimmt kein glückliches Ende. Ingbert bekommt die Stelle nicht. Aber: „Nichts ist so entlarvend und tröstend wie Humor, denn er enthält die Einladung aufeinander zuzugehen. Lachen entlastet. So erscheint das unglückliche Ende des Films nicht als Resignation, sondern als eine provokante Aufforderung Brücken zu bauen und sie zu beschreiten“, bekräftigt die Jury ihre Entscheidung.

Preisträger Henning Backhaus plädierte in seinen Dankesworten dafür, nicht auf die Unterschiede, sondern vielmehr auf die Gemeinsamkeiten der Menschen zu schauen. Das jedoch gelinge nur, wenn man hinter die Fassade, unter die Oberfläche, ins Herz blicke. Das Fernsehen zeige derzeit vor allem Klischees. Er wäre dankbar, wenn es sich von diesen Klischees entfernen würde, wünscht sich der Regisseur und erntete dafür stürmischen Beifall.

In der Jury für den Fairnesspreis wirkten mit: Sibylle Kappes / Bundesverband Regie; Micki Meuser / Deutsche Filmkomponistenunion DEFKOM; Malika Musaeva / Regisseurin, verdi; Natalia Wörner / Bundesverband Schauspiel BFFS und Dr. Enrico Wolf / Verband für Film- und Fernsehdramaturgie.

Weitere Preisträger

Der Deutsche Schauspielpreis, der von Schauspielern für Schauspieler in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben wurde, ging unter anderem an Eugene Boateng (36) und Maria Hofstätter (57). Boateng wurde für „Borga“ in der Kategorie „Schauspieler in einer Hauptrolle“ ausgezeichnet. Er spielt in dem Film einen jungen Ghanaer, der sich in Deutschland ein neues Leben erhofft. Maria Hofstätter wurde für ihre Hauptrolle im österreichischen Film „Fuchs im Bau“ als beste „Schauspielerin in einer Hauptrolle“ geehrt. Cornelia Froboess (77) erhielt den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk.

Als „Schauspielerin in einer komödiantischen Rolle“ wurde Katrin Wichmann (43, „Sörensen hat Angst“), als „Schauspieler in einer komödiantischen Rolle“ Serkan Kaya (44, „KBV – Keine besonderen Vorkommnisse“) ausgezeichnet. Der Nachwuchspreis ging an Hannah Schiller (21, „Tatort: Parasomnia“). In der Kategorie „Starker Auftritt“ wurde Walfriede Schmitt (78, „Für immer Sommer 90“) geehrt. Die Preise in den Nebenrollen-Kategorien gingen an Tristan Seith (41, „Die Getriebenen“) und Laura Tonke (47, „Polizeiruf 110: Der Verurteilte“).

Mehr Lesen 

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »