„Die Berichterstattung über die AfD kommt häufig von der AfD selbst“, sagte Konrad Göke vom Magazin „Politik & Kommunikation“ beim Mediensalon zum Thema „Zehn Jahre mit der AfD – Wie berichten über Rechtspopulisten?“ Marcus Bensmann von Correctiv ergänzte: „Die AfD ist die einzige Partei, die die sozialen Medien verstanden hat und schon früh Bots und viel Geld eingesetzt hat.“ Deshalb, so Göke, sollten Faktenchecks die Messenger-Dienste stärker einbeziehen.
Christoph Giesa, Autor von „Echte Helden, falsche Helden. Was Demokraten gegen Populisten stark macht“, meinte, die Zuwanderung sei das wahre Thema der AfD, ohne die gestiegenen Zahlen von 2015 gäbe es die Partei heute vielleicht nicht mehr. Die Unterstützung für die angegriffene Ukraine sei ein anderes Thema, das Leute zur AfD bringe, aus ganz verschiedenen Gründen: Höhere Energiepreise wegen des Stopps russischer Gaslieferungen, Inflation, Ablehnung von Waffenlieferungen.
Eine Filterblase für die Sekte
Göke erklärte, die AfD sorge für ein permanentes Grundrauschen in den sozialen Medien, von der Migration über das dort immer noch präsent gehaltene Thema Corona, den geleugneten Klimawandel oder die falschen Behauptungen zum Heizungsgesetz. „So schafft man sich eine Sekte.“ Die einzelnen Themen passten eigentlich gar nicht zusammen, aber sie würden in den Filterblasen dauerhaft gespielt.
Marcus Bensmann von Correctiv fordert, mehr auf die Konflike innerhalb der Partei einzugehen. Denn sie mache es ihren Beobachter*innen in dieser Hinsicht recht leicht. „Für einen Journalisten ist die AfD die einfachste Partei.“ In keiner anderen Partei, so seine Beobachtung, werde so hemmungslos schlecht über andere Mitglieder gesprochen. Zu vielen Themen gebe es gar keine Parteilinie, da es auch keine Einigkeit dazu gebe, wie etwa in der Gesundheits- oder Wirtschaftspolitik. Wenn AfD-Politiker im Bundestag Anträge gegen die Forschungsfreiheit, sagte Giesa, etwa zur Abschaffung von „Gender Studies“, stellten, müsse das viel deutlicher als Angriff auf das Grundgesetz in den Medien dargestellt werden.
Rechte in den Sozialen Medien
Es mache ihn sprachlos, meinte Bensmann, dass andere Parteien seit Jahren in den sozialen Medien nicht entsprechend kontern würden. Giesa meinte, das würden sie, aber seriöse Inhalte hätten es nun mal schwerer, viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Und man solle nicht daraufsetzen, dass sich die AfD selbst zerlege.
Für Giesa haben die Medien beim Entstehen der AfD zu viele von deren Erzählungen übernommen, zum Beispiel die, eine „Professorenpartei“ zu sein. Das sei die AfD nicht mehr als andere Parteien gewesen, aber sie habe sich so „harmloser, intellektueller und seriöser“ darstellen können. Zu lange sei man der Devise gefolgt „Hunde, die bellen, beißen nicht“. Das habe er bei der AfD so nie gesehen.
Moderator Johannes Altmeyer, Newsletter-Redakteur beim Tagesspiegel, wollte von den drei Diskutanten wissen, ob Medien wie Nius, Tichys Einblick und andere daran arbeiteten, die AfD „salonfähig“ zu machen? Es seien meist reine Digitalmedien, welche die Themen der AfD unterstützten, sagte Giesa. In der Politik und den seriösen Medien müssten Themen wie Zuwanderung und daraus folgende Schulprobleme „ohne rassistische Konnotation“ angesprochen werden. Inkonsequenzen in der Einwanderungspolitik sollte besser aufgearbeitet werden. Die Berichterstattung dürfe anderen nicht das Feld überlassen. Dafür brauche es mehr Geld im seriösen Journalismus, um kontern zu können.
Weniger skandalisieren
Für Bensmann und Giesa ist zu beobachten, dass AfD-Politiker*innen und –Anhänger*innen bei Veranstaltungen heute deutlich selbstbewusster aufträten als früher. Für Bensmann ist es auch kein Zufall, dass die rechte Schweizer Weltwoche jetzt nach Deutschland expandieren wolle. Aus der Schweiz habe die AfD auch viel Geld bezogen. Ob das jetzt „Geschäftemacherei“ sei, oder ob man einen „Kipppunkt für die AfD“ vermute, könne er nicht sagen. Übrigens hat auch der österreichische rechte Fernsehsender AUF1 gerade seine Verbreitung in Deutschland angekündigt.
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Allerdings forderte Bensmann eine gewisse Zuversicht: „Vielleicht ist unsere Gesellschaft doch resilienter als wir denken“, und könne mit 20 bis 25 Prozent Ablehnenden umgehen. Zu den kommenden Landtagswahlen im Osten meinte er, die neuen Bundesländer seien zum Teil überaltert, daher müsse man den Trend etwas relativieren. Man sollte es auch „nicht jedes Mal skandalisieren, wenn irgendwo ein AfD-Bürgermeister gewählt“ werde.
Wie sollen die Medien denn nun umgehen mit der AfD, wollte Altmeyer zum Schluss wissen, nach einer Diskussion, die sich oft mehr mit den Antworten der Parteien auf die AfD als denen der Medien beschäftigt hatte. Altmeyer verlangte eine Antwort in einem Wort: „Fair“, meinte Göke, „impulskontrolliert“, sagte Giesa, „ausgeruht“, so Bensmann.
Der Berliner Mediensalon ist eine Veranstaltungsreihe der meko factory – Werkstatt für Medienkompetenz gGmbH #mekolab in Kooperation mit Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union dju in ver.di und Deutscher Journalistenverband DJV Berlin-JVBB, unterstützt von der Otto Brenner Stiftung, Landau Media und taz kantine.