Chancen für Veränderung

Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Diversität sind derzeit beliebte Schlagworte in Politik und Gesell­schaft. Firmen, Vereine, Websites … etikettieren um. Aber mitunter steckt hinter dem Label keine wirkliche Veränderung. Begrifflicher Verschleiß ist zu befürchten. Dennoch – die Filmbranche hat einen großen Schritt nach vorn getan in Punkto Nachhaltigkeit.

Mit dem neuen Filmfördergesetz (FFG) gehören ab Januar zu den Bedingungen einer Film-Unterstützung Nachweise über die CO2-Bilanz und die ökologische Nachhaltigkeit bei der Produktion. Grund genug für die aktuelle M, da­rauf den Fokus zu richten. Nach positiven Beispielen musste nicht lange gesucht werden. Green Shooting hat bei Filmproduktionen Einzug gehalten. Der neue Beruf des Green Consultants ist entstan­den (S. 6–8). Drehen mit dem Lastenfahrrad wird zugleich als praktizierte Verkehrswende verstanden (S. 8–10). Werbefilmer hinterfragen bei potenziellen Kunden das Greenwashing und setzen im eigenen Unternehmen auf Nachhaltigkeit (S. 10–11). Wissend: Bei alledem ist noch viel Luft nach oben.

Vom neuen FFG verspreche sich die Bundesregierung „zukunftsrelevante gesellschaftspolitische Weichen­stellungen“ – nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch in der Geschlechtergerechtigkeit, zitiert M. Dennoch würden Geschlechtergerechtigkeit und Diversität im Gesetz „fast vollständig ignoriert“, kri­tisiert Pro Quote Film. So ist dem „Männerüberschuss im Film“ vor und hinter der Kamera nicht bei zu kommen. Erfolgreiche Filmfrauen benennen in M klar die Ursachen für die Misere und zeigen Wege auf, das zu ändern. (S. 12/13). Auch das Label Diversity allein im Filmabspann reicht nicht, um die Vielfalt einer Gesellschaft zu spiegeln. Film-Innovationen weisen in die richtige Richtung (S. 14/15).

Ob der Ampel-Koalitionsvertrag das Papier wert ist, auf dem er geschrieben wurde, wissen wir noch nicht (S. 4). Versprochen wird unter anderem, dass man für die Sicherheit von Journalist*innen eintreten wolle. Der Fall des Fotografen Alfred Denzinger „Im Fadenkreuz der rechten Szene“ belegt, wie notwendig dafür konsequentes Vorgehen von Polizei und Justiz auch in Deutschland wäre (S. 16–18). Dazu gehört auch die Geschichte der mutigen Journalistin Lineth Bedoya Lima in Kolumbien, der unglaubliche Gewalt an­getan wurde. Sie stritt 21 Jahre für ihr Recht und für die Pressefreiheit – am Ende erfolgreich (S. 29).

M wünscht allen Leser*innen eine interessante Lektüre dieser Ausgabe. Der positive Fokus auf die Bemü­hungen um Nachhaltigkeit im Film ist „konstruktiver Journalismus“. Oder steckt mehr hinter diesem Be­griff? Beim ver.di-Journalismustag am 29. Januar in Berlin kann darüber diskutiert werden. Bis dahin, ge­sund bleiben und schöne Feiertage, trotz alledem!

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »

Klimajournalismus im Aufwind

Noch immer wird zu wenig über den Klimawandel und seine Folgen informiert. Daran tragen auch Medien eine Mitschuld. Das Netzwerk Klimajournalismus will  Klima-Wissen in die Redaktionen bringen und ermöglicht Austausch unter Journalist*innen und Medienschaffenden. Wir sprachen im M-Podcast mit Jürgen Döschner.
mehr »