Es gibt keinen Algorithmus, der im aktuellen Tarifstreit für die 13 000 Journalist_innen an Tageszeitungen Verlauf oder Ausgang berechnen konnte. Gleichwohl liegen Zahlen und Fakten vor. Etwa die monatliche Inflationsrate nahe 2 Prozent. Ein wichtiges Basic für die dju in ver.di bei ihrer Forderung nach mehr Wertschätzung der Arbeit in den Redaktionen, die in digitalen Zeiten mit enorm wachsenden Anforderungen einhergeht. Die Verleger scheren solche grundlegenden Werte offensichtlich wenig.
Sie warteten in den sechs Verhandlungsrunden vor allem mit Respektlosigkeit gegenüber den Beschäftigten auf, wie es verhandelnde dju-ler formulierten. Am Ende stand ein „Angebot“ das nicht einmal eine Inflationsbereinigung bedeutet hätte – keine annehmbare Option für die dju in ver.di. Die Tarifkommission beschloss einstimmig die Urabstimmung über eine Ausweitung der Streiks. M konnte kurz vor Andruck dieser Ausgabe noch einen kurzen Bericht (S. 29) aufnehmen. Umfangreiche und aktuelle Informationen dazu finden M-Leser_innen in M Online: https://mmm.verdi.de
Das aktuelle M-Magazin hat das Thema Algorithmen im Fokus. Nicht auf Anhieb sichtbar, sind sie dennoch allgegenwärtig für alle, die sich im Netz bewegen – und das waren im Jahr 2017 einer Online-Studie von ARD/ZDF zufolge immerhin rund 62 Millionen Personen in Deutschland. Algorithmen nehmen für eine Vielzahl von Anbietern eine Analyse der Nutzer_innen in Echtzeit (S. 6-8) vor, steuern deren Aufmerksamkeit und manipulieren sie. Das ist nicht per se negativ, schließlich helfen sie auf der einen Seite, Bedürfnisse zu erfüllen. Auf der anderen Seite boomen durch sie Werbung und Wirtschaft. Aber sie können auch journalistischer Recherche dienen, offerieren Chancen für besseren Journalismus (S. 9 -11), spielen deshalb in der Ausbildung nicht mehr nur eine Nebenrolle S.14/15). Und – Künstliche Intelligenz trägt selbst keine Verantwortung, die obliegt den Menschen, die sie anwenden (S.12). Sie sollte von uns mitgestaltet werden, ver.di wird dabei sein – konkrete „Visionen“ gibt es schon! (S. 16/17).
Dass der Einzug in die digitale Welt rasante Veränderungen mit sich bringt, ist inzwischen eine Binse. Jedoch wie sich die Medienkonzerne in Deutschland dabei mit reduziertem Blick auf Gewinnmaximierung aufstellen, ist in weiten Teilen kritikwürdig. Bleiben doch häufig Beschäftigte auf der Strecke, Mitbestimmung wird ausgehebelt. Ein Beispiel: die Funke Mediengruppe (S. 22/23). Ein weiteres, die aktuell besiegelte „Partnerschaft“ von DuMont und Madsack für ein gemeinsames RedaktionsNetzWerk in der Hauptstadt, Zulieferer für über 50 Tageszeitungen. 17 Redakteur_innen von DuMont/Berliner Zeitung verlieren ihren Job, Zeitungsvielfalt ade … M Online berichtet ausführlich darüber.
Die Redaktion wünscht allen Leser_innen einen schönen Sommer! Die nächste M Print erscheint im September – online bleibt M aktuell am Geschehen.
Karin Wenk, verantwortliche Redakteurin