Editorial: Konturenschärfung

Flachbildschirme erobern die deutschen Haushalte, jeder dritte in Deutschland hat einen. Neben dem modernen Design bestechen die scharfen Konturen und Farben der digitalen Bilder und der tolle Sound – kein Vergleich zum analogen Röhrengerät.

Noch schärfere Konturen verspricht das hochauflösende Fernsehen, das derzeit einen Boom erlebt, der seinen Höhepunkt mit der Winterolympiade im Februar 2010 erreichen wird. HD-Kostproben gab es bereits zur Leichtathletik-WM im Sommer in Berlin durch ARD und ZDF. Das Interesse auf der diesjährigen IFA war so groß wie nie zuvor, mehr über die neue Digital-Technik, HD-Angebote und TV-Internet-Anwendungen zu erfahren.
Aber die Fülle der Informationen erschlägt und wer klug ist, sollte nicht allein dem Charme der scharfen TV-Bilder oder der neuen Web-Vielfalt auf dem Fernsehbildschirm erliegen. Konkurrierende Gerätehersteller offerieren jeder sein eigenes Hybrid-System, Privatsender wollen HDTV nur verschlüsselt gegen Zusatzbezahlung und nicht jeder Netzbetreiber wird das multimediale Zukunftsfernsehen kostenlos durchleiten. Da tut Harmonisierung und Standardisierung Not – im Interesse der Verbraucher! Schärfere Konturen sind darüber hinaus bei den Programminhalten gefragt, denn: Wer will schon nur für bessere Bild- und Tonqualität zahlen, wenn die Inhalte niveaulos, banal und tröge sind?
Das Fernsehen der Zukunft bewegt die Gemüter. Aber auch die Zukunft der Zeitung und der Medien insgesamt wird derzeit in der Gesellschaft, natürlich vor allem in der eigenen Branche, heftig diskutiert. Schärfere medienpolitische Konturen hätte man sich da in den Wahlprogrammen der Parteien gewünscht. Beispielsweise beim Pressefusionsrecht. Hier wird von Verlegerseite zum wiederholten Male eine Lockerung gefordert. Und die Parteien nicken dazu. Das sei jedoch „Unfug“, kontert der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke im M-Interview. Hier bestehe „kein Handlungsbedarf“, da schon jetzt nach der geltenden Rechtslage Kooperationen vielfältigster Art möglich seien. Ein weiterer Abbau der Pressevielfalt müsse verhindert werden. Konturenlos oder gar verschwommen kommt auch die Verlegerforderung nach einem Leistungsschutzrecht für Internet-Angebote daher. Unbeantwortet bleibe dabei u.a. die Frage nach den Auswirkungen eines solchen Gesetzes auf Urheberinnen und Urheber, meint dazu Frank Werneke. Im Zusammenhang mit der Debatte um öffentliche Förderung betont er mit Blick auf die ausufernde Leiharbeit „Lohndrücker haben kein Anrecht auf Steuerprivilegien oder öffentliche Mittel, das gilt auch für Verleger“.
Von einem „galoppierenden Konzentrationsprozess“ war auch die Entwicklung des Medienmarktes in Berlin und Brandenburg nach der Wende geprägt, wie im zweiten Teil unserer Serie „20 Jahre danach“ beschrieben wird. Ein knallharter Wettbewerb brachte immerhin eine Vielzahl hochwertiger Medien hervor.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »