Editorial: Ringen um Demokratie

Die arabische Welt ist aus den Fugen. In mehreren Ländern geht das Volk für Demokratie und Meinungsfreiheit, gegen Ungerechtigkeit und Korruption auf die Straße. Regierende wie Ägyptens Mubarak klammern sich an die Macht. Jedes Mittel scheint recht. Menschen sterben, werden schwer verletzt und inhaftiert.

Freie Berichterstattung, Grundpfeiler jeglicher Demokratie, steht dabei im Wege. Reporter geraten mit den Demonstranten ins Visier der Machthaber. In Ägypten wurden Journalisten geschlagen, ihrer Ausrüstung beraubt, festgenommen. Betroffen sind Reporter ohne Grenzen zufolge unter anderem Mitarbeiter von BBC, Al Dschasira, CNN, Al Arabija, ABC News und AP. Internet und Mobilfunk wurden gekappt. Derweil besteht in Tunesien Hoffnung auf einen demokratischen Neubeginn, auf mehr Meinungsfreiheit. Journalisten und Blogger kamen frei. Die Medien sortieren sich neu.
Rückwärts gewandt scheint dagegen Europa. In Ungarn demonstrieren seit Wochen Zehntausende gegen die neuen Mediengesetze des konservativen Ministerpräsidenten Orbán. Ihre Festlegungen von Zensur und Überwachung sind beispiellos in der Europäischen Union. Die beeindruckte das kaum, sie ließ Orbán in Ruhe die Ratspräsidentschaft übernehmen und will nun prüfen, ob die Gesetze mit EU-Recht kollidieren. Dabei ist kaum etwas offensichtlicher, enscheidet doch die neue Aufsichtsbehörde nicht nur über den ungarischen Rundfunk, sondern auch über Presseinhalte.
Die Rolle und die Verantwortung der Medien im weltweiten Ringen um Öffentlichkeit und Demokratie zeigen sich derzeit auch in der Debatte um WikiLeaks, Vor- und Nachfolge-Plattformen für Whistleblower und Bürger-Informanten. Ein spannendes Thema in dieser ersten M des neuen Jahres, für das leider nur acht M-Ausgaben vorgesehen sind. Zur inhaltlichen Profilierung werden dabei die Ergebnisse der Leserbefragung beitragen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »

Rundfunkfinanzierung in der Sackgasse

Bisher war Einstimmigkeit gefordert, wenn es um rundfunkpolitische Fragen ging. Die Ministerpräsident*innen der Länder sollen gemeinsam agieren, zum Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kein einfaches Unterfangen, wenn es um das Thema Rundfunkfinanzierung geht. Dass diese Praxis nun überarbeitet wird, ist Ausdruck einer Krise – wenn nicht der Demokratie, dann doch zumindest der Rundfunkpolitik der Länder.
mehr »