ARTE stoppt Zusammenarbeit mit Polens TVP

Der deutsch-französische Fernsehsender ARTE unterbricht seine Kooperation mit dem polnischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen TVP. Als Grund dafür wurde die Verabschiedung des neuen Mediengesetzes in Polen genannt, welches eine massive Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von Staat und Regierung zur Folge hat. Unter bestimmten Voraussetzungen hoffe man jedoch auf eine Wiederaufnahme der Beziehungen zu TVP, erklärte eine Pressesprecherin von ARTE gegenüber M.

Wie ARTE heute bekanntgab, solle das seit 2001 mit TVP bestehende Assoziierungsabkommen, welches unter anderem regelmäßige Programmkooperationen ermöglicht, bis auf Weiteres ausgesetzt werden. Man werde keine neuen Kooperationen mit dem polnischen Sender starten, solange man nicht sicher sei, dass Meinungsfreiheit, redaktionelle Vielfalt und Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Polen gewährleistet seien, teilte der deutsch-französische Fernsehsender mit.
In einem Brief an den neuen TVP-Intendanten Jacek Kurski beteuerten ARTE-Präsident Peter Boudgoust und Vizepräsidentin Anne Durupty, dass die Beziehung mit Polen besonders wichtig für ARTE sei und man deshalb hoffe, in den nächsten Monaten wieder enger mit TVP zusammenarbeiten zu können.
Auf Nachfrage von M präzisierte ARTE-Pressesprecherin Claude-Anne Savin, dass man sicher sein wolle, dass die Unabhängigkeit des TVP von der Regierung gewährleistet wird. Erst dann werde man die Wiederaufnahme der Beziehungen in Betracht ziehen. Der Druck auf die polnische Regierung, sowohl national als auch international, gebe Anlass zur Hoffnung, dass eine Normalisierung der Beziehungen gelingen könnte.
Ob das tatsächlich zeitnah zu realisieren sein wird, zumindest, wenn man beispielsweise das Kriterium der unabhängigen Ernennung der TVP-Chefposten als Voraussetzung nimmt, bleibt jedoch fraglich. Auch TVP-Intendant Kurski wurde erst kürzlich, nach der Verabschiedung des neuen Mediengesetzes, auf den Intendantenposten gehievt – und zwar von seinen Parteikollegen. Seit mehr als zehn Jahren sitzt der Journalist und Politiker für die aktuelle Regierungspartei PiS mal im Sejm, dem polnischen Abgeordnetenhaus, mal im Europarlament. 2005 bekleidete er gar einen hohen Posten im Wahlkampfstab von Lech Kaczyński und zeichnete in dieser Rolle verantwortlich für die öffentliche ‚Diskreditierung‘ des gegnerischen Kandidaten Donald Tusk, dem vorgeworfen wurde, sein Großvater habe in der Wehrmacht gedient.
M hatte bereits vor zwei Wochen mit dem polnischen Journalisten Tomasz Lis gesprochen, dessen vielfach ausgezeichnete Talk-Sendung „Tomasz Lis na Zywo“ nach Verabschiedung des neuen Mediengesetzes eingestellt wurde. Zum Interview

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Mediengeschehen gibt der neue Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Im Frühjahr nun hat das Internet erstmals das Fernsehen als wichtigste Quelle für „News“ abgelöst. Die gedruckten Auflagen der Pressemedien gehen weiter zurück, die Digitalumsätze legen zu. Fest steht außerdem, Zeitungen erhalten keine Zustellförderung. 
mehr »

Tarifverhandlungen: Unfaire Forderungen

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde mit der dju in ver.di hatte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Doch der Verband legte am 25. Juli in Frankfurt am Main keine konkreten Zahlen vor. Die Tarifverhandlungen hatten am 27. Mai begonnen. Die dju in ver.di fordert zwölf Prozent mehr für Gehälter und Honorare. Damit soll der eingetretene Reallohnverlust ausgeglichen werden.
mehr »

Recherchen für die Demokratie

Die Uhr tickt – politisch und ökologisch. „Der Ton wird rauer, die Angriffe intensiver“, so NDR-Intendant Joachim Knuth im Begrüßungsgespräch mit Daniel Drepper, dem Vorsitzenden der Journalist*innenvereinigung Netzwerk Recherche (NR), die ihre Jahreskonferenz unter das Motto stellte: „Now is the time. Recherchen für die Demokratie“. Etwa 900 Teilnehmende trafen sich beim NDR Fernsehen in Hamburg zu Austausch und Debatte über die Rolle der Medien in Zeiten des politischen Rechtsrucks und der Klimakrise. 
mehr »

Renaissance einer Redaktion in Guatemala

Am 15. Mai 2023 stellte Guatemalas investigative Tageszeitung „elPeriódico“ ihr Erscheinen ein. Rund ein Jahr später sind die Köpfe hinter dem linken Leitmedium mit dem Online-Portal „eP Investiga“ wieder da. Die beiden Buchstaben eP erinnern an den alten Titel des Blattes, das sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hatte. Offiziell gibt es keine Verbindung zur Familie Zamora und dem nach wie vor in Haft sitzenden Zeitungsgründer José Rubén Zamora. Allerdings tritt das investigative Portal für sein journalistisches Credo ein. 
mehr »