Wachsender Kostendruck auf Rundfunkanstalten

ARD-Digital präsentiert erstmals auf der IFA 2014 das "digitale Wohnzimmer" Foto: ARD

KEF empfiehlt Beitrag zu senken – ver.di plädiert für stabile Finanzierung durch Bildung von Rücklagen

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfiehlt in ihrem am 13. April vorgelegten 20. Bericht eine Senkung des Rundfunkbeitrags um 30 Cent auf monatlich 17,20 Euro ab 2017. Die Einnahmen aus dem Beitragsaufkommen bis 2020 reichten aus, um den Finanzbedarf von ARD, ZDF und Deutschlandradio in der nächsten Gebührenperiode zu decken, begründete KEF-Vorsitzender Heinz Fischer-Heidlberger diesen Schritt in Mainz.

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten hatten laut KEF für die Periode 2017-2020 insgesamt einen Finanzbedarf von 38,5 Milliarden Euro bzw. 9,6 Mrd. Euro pro Jahr angemeldet. Diese Bedarfsanmeldung wurde von der KEF um 966 Mio. Euro gekürzt. Unter anderem geht die Kommission von höheren Einnahmen der Sender aus Werbung und Sponsoring aus als die Sender selbst.
87 Prozent des Gesamtbedarfs sollen in der kommenden Gebührenperiode aus Rundfunkbeiträgen gedeckt werden. Darin fließen auch die 1,6 Mrd. Euro an Mehreinnahmen ein, die durch die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag zwischen 2013-2016 aufgelaufen sind.
Bei den Aufwendungen für das Programm erkannte die KEF 16,6 Mrd. Euro für die Periode 2017-2020 an. Dieser Aufwand entspricht etwas mehr als 40 Prozent der Gesamtausgaben der Anstalten. ARD und ZDF hatten einen zusätzlichen Aufwand von 337,5 Mio. Euro für Auftragsproduktionen angemeldet. Begründet wurde dieser Mehrbedarf mit dem Wunsch nach „ausgewogenen Vertragsbedingungen und einer fairen Aufteilung der Verwertungsrechte im Bereich Film- und Fernsehproduktionen“ zugunsten der Produzenten. Nach Überprüfung und Rücksprache mit den Produzenten erkennt die KEF 253,1 Mio. Euro davon an.
Für die Weiterentwicklung des Digitalen Hörfunks DAB+ bei der ARD sieht die Kommission auch einen Bedarf von 89,4 Mio. Euro, beim Deutschlandradio von 63,6 Mio. Euro als gerechtfertigt an. Das entspricht einer Kürzung von rund einem Viertel des ursprünglich angemeldeten Bedarfs. Laut KEF sei es nicht wirtschaftlich, zwei Verbreitungswege für den Hörfunk über die von ARD und Deutschlandradio geplante Zeitdauer parallel zu betreiben. Der Umstieg auf das Digitalradio könne nur gelingen, wenn es zu klaren Festlegungen von Bund und Ländern zu DAB+ komme und ein realistischer Abschaltzeitpunkt für UKW beschlossen werde.

Deutschlandradio-Intendant Willi Steul begrüßte das Bekenntnis der KEF zum Projekt „Digitaler Hörfunk“. Sein Sender werde die dafür bewilligten Mittel in einen weiteren „offensiven Ausbau des Sendernetzes“ investieren. Schon Mitte 2016 würden die drei Deutschlandradio-Programme mit DAB+ eine höhere Flächenabdeckung als über UKW erreichen. 2020 werde der mobile Empfang republikweit fast flächendeckend möglich sein.
ARD-Vorsitzende Karola Wille nannte die Empfehlungen der KEF eine „verlässliche finanzielle Basis für die ARD in den kommenden vier Jahren“. Auf dieser Grundlage könne die ARD „die digitale Transformation des föderalen Senderverbundes weiter fortsetzen“. Wille begrüßte die Anerkennung zusätzlicher Finanzmittel für Auftragsproduktionen. Trotz einiger Abstriche von Seiten der KEF könne die ARD damit die vielfältige Produzentenlandschaft in Deutschland weiter stärken. Kritik übte die ARD daran, dass die KEF die Einschränkungen der Werbemöglichkeiten im WDR-Hörfunk ab 2017 durch den NRW-Gesetzgeber nicht mehr im 20. Bericht berücksichtigt habe. Aufgrund der bundesweiten Vermarktung von Hörfunkwerbung habe dies auch deutliche Auswirkungen auf andere ARD-Landesrundfunkanstalten.

Frank Werneke, der stellvertretende ver.di-Vorsitzende warnte nach Vorlage des KEF-Berichts vor einem wachsenden Kostendruck in den Sendern. „Die von der KEF vorgeschlagene Senkung um monatlich 30 Cent bringt dem einzelnen Haushalt kaum Entlastung, wird aber den finanziellen Druck in den Sendeanstalten weiter verschärfen.“ Immer mehr Tätigkeiten würden in freie Mitarbeit ausgelagert, mit entsprechend weniger sozialer Sicherheit. Statt mit kurzfristigem Auf und Ab des Beitrags „auf Sicht zu fahren“, wäre es viel sinnvoller, „Rücklagen im Sinne einer stabilen Finanzierung der Rundfunkanstalten zu bilden“.
Kritisch sieht Werneke die Empfehlungen der KEF an die Länder, bei den Personalaufwendungen für Verpflichtungen aus der Altersversorgung Kürzungen vorzunehmen. Derzeit verhandle ver.di mit den Sendeanstalten über die künftige Ausgestaltung der Altersversorgung. „Mit ihrem Vorgehen unternimmt die KEF den untauglichen Versuch, auf den Verlauf der Tarifverhandlungen Einfluss zu nehmen“, so der ver.di-Vize. „Dabei müssten die KEF-Mitglieder eigentlich wissen, dass die Altersversorgungszahlungen pflichtgemäß zu leisten sind, denn es sind vertraglich abgesicherte Betriebsrenten.“

Auch Harald Petzold, medienpolitischer Sprecher der Fraktion „Die Linke“ hält die vorgeschlagene geringfügige Sendung des Rundfunkbeitrags zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll. „Unter Berücksichtigung des von den Sendeanstalten reklamierten Bedarfs von 38,5 Mrd. Euro für die Periode 2017-2020 und dem Vorhaben, den Werbeanteil zu reduzieren, hätte dies gegebenenfalls eine deutliche Beitragserhöhung ab 2021 auf 20 Euro und mehr zur Folge.“ Statt immer wieder über Beitragssenkungen oder –erhöhungen zu diskutieren, solle die Politik lieber das „Beitragsniveau auf mittlere Sicht stabil halten und dafür sorgen, „dass ARD, ZDF und Deutschlandradio jederzeit in der Lage sind, ihrem grundgesetzlichen Auftrag in vollem Umfang nachzukommen“. Petzold: „Das nützt den Beitragszahlern und den Sendern gleichermaßen.“
Bis Juni wollen die Ministerpräsidenten der Länder über die KEF-Vorschläge entscheiden.

Pressemitteilung von ver.di zur Veröffentlichung des KEF-Berichts
KEF-Veröffentlichung

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