Berichterstattung nur von Ausgewählten

Foto: Jana Wraneschitz

Der Chefredakteur der Frankenpost teilt seinen Leser*innen mit, dass die Zeitung über den Besuch des amerikanischen Außenministers Mike Pompeo in Mödlareuth „leider nicht ausführlich informieren“ könne, da zur Berichterstattung nur ausgewählte Medien zugelassen seien. Diesen „technischen Hinweis“ habe die Redaktion vom Auswärtigen Amt erhalten.  – Wenn ich böse wäre, würde ich „Zensur“ rufen. Fakt ist, das geht so überhaupt nicht. Das Ausschließen von Pressevertreter*innen ist schlichtweg ein regierungsamtlicher Verfassungsbruch.

Auch auf die Frage: Wer waren die „ausgewählten Medien“, die am 7. November 2019 in „Little Berlin“ im Landkreis Hof der Begegnung zwischen US-Außenminister Mike Pompeo (Republikaner) und seinem deutschen Kollegen Heiko Maas (SPD) beiwohnen durften, bekam ich von der Pressestelle des Auswärtigen Amtes keine Antwort! Keine Transparenz, keine Erfüllung der Auskunftspflicht – keine Pressefreiheit!

Falls es die AA-Verantwortlichen um den Chef und SPD-Minister Maas nicht mehr wissen: Der Grundgesetz-Artikel 5 gewährleistet „die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film“.

„Gepoolt“ habe das AA, schreibt Chefredakteur Johann Pirthauer aus Hof. Damit erklärt er, warum ausgerechnet die Leserinnen und Leser der ortsansässigen Tageszeitung nur aus Dritter Hand Berichte von diesem weltweit beachteten Ereignis bekommen können. Denn die Frankenpost-Redaktion wurde gestern aus Mödlareuth „ausgegrenzt“. So lautet mit vollem Recht auch der Titel von Pirthauers Online-Kommentar.

Ausgegrenzt – das ist den in West- und Ost-Mödlareuth Wohnenden ein aus der Zeit zwischen Mauerbau 1961 und Grenzöffnung 1989 bekanntes Szenario: Sie konnten nicht mehr zu ihren Nachbarn, Freunden und Verwandten auf der anderen Seite der Dorfstraße. 27 Jahre lang war das fränkisch-thüringische Dorf durch eine Mauer hermetisch abgetrennt. Klein-Berlin eben. Die Menschen waren ausgegrenzt durch ein ostdeutsches, der Sowjetunion höriges, undemokratisch agierendes Regime.

Denn tatsächlich trennte Ost- und West-, oder besser Nord- und Süd-Mödlareuth, jahrhundertelang nichts, außer der Landesgrenze zwischen den beiden Freistaaten Thüringen und Bayern. Und jetzt werden ausgerechnet an diesem symbolträchtigen Ort Mödlareuth Pressevertreter*innen ausgegrenzt. Das ist eine Entwicklung, die wir als Journalist*innen, aber auch die „normalen“ Bürger*innen der vereinigten, demokratischen Bundesrepublik nicht einfach so hinnehmen dürfen.

Oder will die Maas`sche Regierungspartei SPD künftig das Wort „demokratisch“ in ihrem Namen ähnlich auslegen, wie es die Einheitspartei der „Deutschen Demokratischen Republik“ 40 Jahre lang gemacht hat, nämlich ausgrenzend?

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Das Manifest für die Schublade

Schwein gehabt: Das „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“, (meinungsvielfalt.jetzt) wurde weder ein Fest für die Freunde einer völlig verstrahlten medienpolitischen Debatte, noch eines für die Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus dem konservativen, neoliberalen und rechts-außen Lager. Ein paar Aufmerksamkeitszeilen in den Medienspalten der Zeitungen und wenige Interviews im Radio – das war’s. Glücklicherweise ist das Manifest fast schon wieder in der Versenkung verschwunden. Dort gehören diese Halbwahrheiten und unausgegorenen Neustartvisionen für meinen Geschmack auch hin.
mehr »

EU-Kommission geht gegen TikTok vor

Mit dem Digital Services Act (DSA), der nun in der gesamten EU gilt, werden vor allem die großen sozialen Netzwerke stärker als bislang reguliert. Zu diesen gehört auch TikTok. Die Plattform hat in der EU mittlerweile 135,9 Millionen monatlich aktive Nutzer*innen und ist vor allem bei Jugendlichen beliebt. Die EU-Kommission hat TikTok daher im April vergangenen Jahres als „sehr große Online-Plattform“ (Very Large Online Plattform, kurz: VLOP) eingestuft. In der Konsequenz muss die Plattform damit beginnen, eine Reihe von Vorgaben umzusetzen, unter anderem zum Schutz vor Minderjährigen.
mehr »

AfD im TV: Demokratie ist kein Boxring

Im Superwahljahr 2024 stellt sich den Medien verschärft die Frage, wie ein angemessener Umgang mit der AfD aussehen könnte. Sie einfach zu ignorieren scheidet als Strategie aus. Zum einen wäre eine solche Verweigerung weitgehend wirkungslos. Mit ihrer Präsenz in den sozialen Netzwerken hat sich die Partei längst eine Bühne geschaffen, von der sie ungefiltert ihr krudes völkisches Weltbild unter den Menschen verbreitet. Zum anderen würde diese Verweigerungshaltung den Informations- und Aufklärungsauftrag der Medien gegenüber einer Partei konterkarieren, die die Zerstörung der Demokratie anstrebt.
mehr »

Preis für respektloses Verhalten

Der seit Februar nicht mehr amtierende Produzent und Vorstandsvorsitzende der Constantin Film Martin Moszkowicz soll im Mai durch die Produktionsallianz und die Stadt Laupheim mit dem Carl Laemmle Preis 2024 für sein Lebenswerk geehrt werden. Empörend findet der Bundesfachausschuss Filmunion die Wahl dieses Preisträgers vor dem Hintergrund des aus einer Constantin Produktion heraus entstandenen „Schweiger-Skandals“ vor nicht mal einem Jahr.
mehr »