Briefe an «M» 10/2008

Wenig Realität gespiegelt

Mehr als eine Schlagzeile“ / „ Recherche im Westjordanland“ in M 8–9/2008

Liebe Kollegen, ich habe Eure Texte gelesen nach meiner Rückkehr aus Israel und Palästina und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ihr habt recherchiert? Nach dem journalistischen Grundsatz: „Höre auch die andere Seite?“ Habt Ihr recherchiert im israelisch/palästinensischen Alternativen Informationszentrum in Jerusalem? Habt Ihr mit Menschen gesprochen, die seit Jahrhunderten Eigentümer von Ölbergen sind, aber nun Papiere um Papiere beibringen müssen, um der israelischen Besatzungsmacht beweisen zu können, dass es tatsächlich ihr Land ist? Habt Ihr mit Menschen gesprochen, die verzweifelt sind, weil Israel die Mauer geradewegs durch ihren Olivenhain zieht und sie nicht mehr auf Ihr Land kommen, was bedeutet, dass sie es verlieren werden? Habt Ihr mit israelischen Frauen von Checkpoint-watch gesprochen? Habt Ihr Euch von PalästinenserInnen angehört, wie sie von jungen israelischen SoldatInnen gedemütigt werden? Habt Ihr mit Israelis gesprochen, die Angst haben vor Anschlägen und habt Ihr erfahren, wie sie über Palästinenser denken? Habt Ihr Euch über Siedler, über Nationalismus und Religion in Israel informiert? Die Beiträge spiegeln die Realität nicht wirklich wieder. Es sind eher simple Reiseberichte.

    Sigrid Meißner, per Mail 

 

Das Ergebnis ist entscheidend

Zum Leserbrief zu „Rundfunkräte nicht kontaktiert“ in M 8–9/2008

Dieter Pienkny fühlt seine Arbeit als Gewerkschaftsvertreter im RBB-Rundfunkrat in meinem Artikel „Rote Karte für Radio Multikulti“ nicht ausreichend gewürdigt. Das ist sein gutes Recht. Er listet auf, welche diversen Aktivitäten die beiden gewerkschaftlichen Rundfunkräte hinter den Kulissen entwickelt haben. Das finde ich interessant. Durch eine Nachfrage bei Pienkny, das räume ich ein, hätte ich mich über diese Aktivitäten in Kenntnis setzen lassen können. Jedoch für die Betroffenen entscheidender, daran halte ich fest, ist die öffentliche Auseinandersetzung um die Schließung von Multikulti. Entscheidend ist, was hinten dabei heraus kommt, sagte einst Altkanzler Kohl. Und wo er Recht hat, da hat er Recht. In Erinnerung an den Widerstand des Rundfunkrats bleibt haften eine laue, unverbindliche, einstimmig beschlossene, Resolution, in der Multikulti namentlich nicht einmal erwähnt wird. Offenbar stehe ich mit dieser Einschätzung nicht allein: Einem Bericht in der Berliner Zeitung vom 24.9. habe ich entnommen, dass Multikulti-Sympathisanten auf einer Diskussionsveranstaltung der Berliner Grünen wegen dieses Verhaltens sogar den Rücktritt des Rundfunkrats gefordert haben. So weit würde ich nicht gehen. Die Einschätzung, dass er seiner gesellschaftlichen Kontrollfunktion hier nicht gerecht geworden ist, teile ich dagegen durchaus.

Günter Herkel, per Mail 
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Putins Geiseln

In Russland wurden Mitte Juli zwei westliche Journalist*innen aufgrund fingierter Anschuldigungen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Westliche Regierungen werden nun einen zynischen Deal mit dem Kreml eingehen müssen, um Evan Gershkovich und Alsu Kurmasheva freizubekommen. Doch gleichzeitig sollten sie klar machen, dass sie Putins „Verständnis“ von Journalismus nicht teilen.
mehr »

Tarifbindung statt Mehrwertsteuersenkung

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder möchte Verlagen, “Begleitschutz” geben. Das hat er bei einer Veranstaltung des Medienverbandes der freien Presse kürzlich angekündigt. Diejenigen unter ihnen, die Presseerzeugnisse herausgeben, sollen nach dem Willen Söders von einer - weiteren - Senkung der Mehrwertsteuer profitieren.
mehr »

Demokratie besser demokratisch schützen

Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das als rechtsextremistisch eingestufte Magazin “Compact” verboten. Es sei ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremen Szene, heißt es in der Erklärung dazu. Das Verbot betrifft nicht nur das gedruckte Heft, sondern die gesamte Compact Magazin GmbH und die Conspect Film GmbH – und somit sämtliche Verbreitungskanäle.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »