Google und Apple gegen nervige Werbung

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Angesichts der steigenden Verbreitung von Adblockern greifen Google und Apple ein und wollen nervige Werbeformen ausmerzen. Google kündigte an, seinen Browser Chrome ab Frühjahr 2018 mit einem Werbefilter auszurüsten. Apple  will  im Browser Safari selbstabspielende Videowerbungen blockieren, das Nutzer-Tracking einschränken. Andere Marktteilnehmer sehen das kritisch, befürchten Umsatzeinbußen und Bedeutungsverlust.

Damit ist der Kampf um Onlinewerbung um ein Kapitel reicher. Mit der Einführung eines eigenen Werbefilters will Google einem Zerfall des Werbemarktes zuvorkommen. „Nutzer sehen allzu oft schlechte Ads im Web – wie solche, in denen unerwartet Musik losschmettert, oder die sie zwingt, 10 Sekunden zu warten, bis sie auf die eigentliche Zielseite gelangen”, schreibt der für das Werbegeschäft zuständige Google-Manager Sridhar Ramaswamy in der Ankündigung. „Diese frustrierenden Erfahrungen können einige dazu bringen, alle Ads zu blockieren – ein hoher Preis für die Publisher, deren Einkommen von dieser Werbung abhängt.”

Filter gegen plärrende Videos

Googles Lösung für das Problem: Der Werbefilter in Chrome soll ab nächstem Jahr die unbeliebtesten Werbeformen wie die so genannten “Auto-Play-Videos” ausfiltern und so mehr Raum für Werbung schaffen, die den Nutzer nicht überfordert. Zudem hat Google bereits eine neue Version seines „Contributor”-Programms gestartet, mit dem Leser_innen Betreiber von Websites direkt bezahlen können: Zwischen einem und vier Cent kostet das pro aufgerufener Seite.

Dass der der weltweit größte Online-Konzern aus Kalifornien neue Spielregeln für die Werbung durchsetzen will, stößt nicht überall auf Zustimmung. So nennt der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) das Vorgehen in einer ersten Stellungnahme als  „heuchlerisch”. Es sei zu befürchten, dass Google sich mit der neuen Initiative einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wolle. Es gehe  um „Macht und Kontrolle über den Werbeblockermarkt, über Website-Betreiber und Werbekunden“,  heißt es in dem Statement. Dabei meldet der Verband kartellrechtliche Probleme an: „Die Entwicklung ist auch deswegen bedenklich, weil der Chrome-Browser in Deutschland der mit Abstand beliebteste Browser ist.”

Um solchen Angriffen zuvorzukommen, hatte Google bereits im vergangenen Jahr die „Coalition for Better Ads” gegründet, zu der neben Google, Facebook und Firmen aus der Online-Werbung auch der Medienkonzern News Corps und die Washington Post gehören. Angesichts der immer stärker verbreiteten Adblocker sollten sich die Mitglieder dieser Koalition überlegen, welche Werbeformen Nutzer_innen am meisten abschrecken und Verbesserungsvorschläge vorlegen.

Steigende Nutzung von Adblockern

Dass Google nun als größter Profiteur von Onlinewerbung selbst einen Adblocker anbieten will, erscheint paradox. Jedoch handelt der Konzern offenbar nach dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Denn immer mehr Nutzer weltweit verwenden Adblocker, die radikal alle Werbung ausblenden. In Deutschland liegt die Quote derzeit laut Messung des Online Vermarkter Kreises (OVK) bei zirka 17 Prozent. Ein Werbeblocker, der nur die schlimmsten Auswüchse ausfiltert, erscheint angesichts dessen als Kompromisslösung.

Dass die Werbeindustrie in den letzten Jahren die Geduld des Publikums überstrapaziert hat, daran zweifeln inzwischen nicht einmal mehr die Verbände der Branche. Doch trotz jahrelanger Versprechungen, diesen Zustand zu verbessern, erwiesen sich die Branchenorganisationen als machtlos, den Trend umzudrehen. So sehen sich Website-Betreiber angesichts fallender Preise für einfache Werbebanner gezwungen, immer mehr und immer auffälligere Werbung zu integrieren – oder auf anderen Finanzierungsmodelle zu setzen. Appelle und neue Standards zeigten deshalb bisher kaum Wirkung. Fast niemand wollte den ersten Schritt machen und damit auf Umsätze verzichten, die die Konkurrenz weiter erzielen kann.

Springer begrüßt zunächst Initiative

Dass Google nun die Initiative ergreift, wird von einigen Branchenteilnehmern sogar begrüßt. Selbst Axel Springer reagierte auf Googles Initiative zunächst positiv verhalten, obwohl der Medien-Konzern in der Vergangenheit sehr aggressiv gegen Anbieter von Adblockern vorgegangen war. „Wir begrüßen grundsätzlich jede Initiative, die das Ziel hat, digitale Werbung zu verbessern“, erklärt Carsten Schwecke, Chief Digital Officer Media Impact bei Axel Springer auf Anfrage. So habe der Verlag gerade ein Programm zur Verbesserung von Anzeigen auf seinen Plattformen gestartet. Zudem arbeite Axel Springer in einer Fokusgruppe des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) mit, um die Online-Werbung insgesamt zu verbessern. Der BVDW ist auch Mitglied der „Coalition For Better Ads“ und damit Kooperationspartner bei Googles Adblocker-Plänen. Dennoch schränkt Schwecke ein: „Die Pläne von Google in diesem Bereich verfolgen wir natürlich genau, haben dazu aber noch nicht alle Informationen ausgewertet.“

Da Google erst 2018 mit dem Filtern beginnen will, bleibt noch ein halbes Jahr für Überzeugungsarbeit. Um Verlagen und anderen Publishern die neuen Spielregeln zu versüßen, plant Google offenbar auch eine Offensive gegen die bestehenden Adblocker. So hat der Konzern in seinen Dienst Google Contributor auch eine Technik eingebaut, die etablierte Adblocker aussperren soll. Zudem wird versichert die Technik nicht nur zum eigenen Nutzen einzusetzen. So soll der Werbefilter in Chrome seitenbasiert funktionieren. Wenn ein Anbieter unzulässige Werbeformate verwendet, soll Chrome sämtliche Werbung ausblenden – auch die von Google ausgelieferte.

Brancheninsider erhoffen sich mehr. So gehört Google derzeit zu den größten Kunden von Werbeblockern wie Adblock Plus, die wenig aufdringliche Werbung gegen Bezahlung passieren lassen. Sechs deutsche Medienhäuser prozessieren derzeit  gegen den Kölner Anbieter Eyeo, meist jedoch erfolglos. Würde Google aus dieser Finanzierung aussteigen und dabei auch andere Online-Konzerne stattdessen von seiner Lösung überzeugen, müssten sich kommerzielle Adblocker ein neues Geschäftsmodell suchen.

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