Tarifdumping bei NDR-Debütreihe „Nordlichter“

„Das Programm ist jung, unterhaltsam und die Filmemacher haben keine Angst vor Tabuthemen”, hieß es auf dem Hamburger Filmfest im November letzten Jahres über die neue Reihe “Nordlichter” im NDR. Das klingt vielversprechend! Ganz anders die Bezahlung der jungen Filmschaffenden. Man billigt ihnen lediglich 75 Prozent der geregelten Tarifgagen zu. ver.di wirft dem NDR „gezieltes Tarifdumping” vor. Der zwischen der Produzentenallianz und ver.di verhandelte Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende (TV FFS) wird unterlaufen.

Die „Nordlichter“ gelten als Programminnovation, bei der erstmals im NDR Filme von Nachwuchstalenten aus einer norddeutschen Perspektive produziert werden. Unterstützt wird die Debütreihe von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH) und der nordmedia Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen. Auf Anfrage von ver.di bestätigte Frank Beckmann, Programmdirektor Fernsehen beim NDR, dass mit den beiden Förderinstitutionen für die Nordlichter-Produktion vereinbart worden sei, „75 Prozent der geregelten Tarifgagen anzustreben“. Für ver.di ein offenes Bekenntnis zu mangelnder Tariftreue.
„Auch wir begrüßen die Förderung junger Talente, wie es die Reihe Nordlichter mit Produktionen wie ‚Simon sagt auf Wiedersehen zu seiner Vorhaut‘ oder ‚Vorstadtrocker‘ vormacht. Dies kann aber nicht zulasten junger und schlechter abgesicherter Menschen gehen“, sagt Martin Dieckmann, Leiter des ver.di Fachbereiches Medien in Hamburg in einer Pressemitteilung. Wolfgang Kreider, Gewerkschaftssekretär bei ver.di Hamburg, ergänzt: „Der NDR betreibt hier offensives Lohndumping und schämt sich nicht mal dafür. Dies kann langfristig auch Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und die Tarifverträge im NDR haben“. Öffentlich-rechtliche Sender und Filmförderung müssten sich selbstverständlich an rechtliche Vorgaben halten. In diesem Zusammenhang kritisiert Lars Stubbe, Projektmanager bei connexx.av in Hamburg: „Der NDR will die ohnehin bestehende Aufsplitterung der Filmschaffenden noch verschärfen. So ist es möglich, dass jüngere Filmschaffende beim NDR für bis zu 30 Prozent weniger Gehalt arbeiten müssen. Dies dürfte in vielen Fällen sogar sittenwidrig und damit unrechtmäßig sein.”

Unterwegs ist derzeit ein ver.di-Brief an den NDR-Verwaltungsrat, den Aufsichtsrat der nordmedia und an den Aufsichtsrat der Filmförderung HH SH, in dem die Gremien aufgefordert werden, sich an tarifvertragliche Regelungen zu halten.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »