Studio Babelsberg beantragt Kurzarbeit

Der Eingang zum Gelände der Studio Babelsberg AG in Potsdam
Foto: Studio Babelsberg AG

Gut zwei Wochen nach den Drehstopps bei den internationalen Co-Produktionen in den Potsdamer Filmstudios hat die Studio Babelsberg AG nun Kurzarbeit für ihre befristet beschäftigten Filmschaffenden beantragt. Den Kurzarbeits-Tarifvertrag will das Unternehmen jedoch weiterhin nicht übernehmen. Dabei bewerten Branchenexperten diesen als für beide Seiten akzeptablen Weg aus der drohenden finanziellen Krise.

Seit dem 19. März ist in den Babelsberger Studios keine Klappe mehr gefallen – zumindest nicht für die beiden Hollywood-Produktionen „Matrix 4“ – Arbeitstitel „Ice Cream“ – und „Uncharted“ – Arbeitstitel „Girona“. Den bei der Studio-Babelsberg-Tochter Central Scope für die Dauer der beiden Projekte angestellten Filmschaffenden sollte gekündigt werden. ver.di hatte umgehend zur Einführung von Kurzarbeit geraten. Kurzarbeit sei für befristet Beschäftigte nicht möglich, war dagegen die Order der Studiochefs Carl Woebcken und Christoph Fisser. Dass es nun dennoch gelungen ist, die Geschäftsführung zum Einlenken und Beantragen der Kurzarbeit zu bewegen, sei auch der Intervention durch die Brandenburger Landesregierung und speziell Staatssekretär Tobias Dünow zu verdanken, hebt ver.di-Gewerkschaftssekretär Hikmat El-Hammouri hervor.

Nach intensiven Gesprächen mit der Agentur für Arbeit (AA) in Potsdam habe man recht schnell die Zusage erhalten, dass ein Antrag auf Kurzarbeit genehmigt werden könnte, berichtet El-Hammouri. Doch erst mehrmalige Aufforderungen durch ver.di sowie das Einwirken der Landesregierung auf die Studio-Geschäftsführung hätten schließlich Erfolg gehabt. Babelsberg hat den Antrag auf Kurzarbeit gestellt und inzwischen eine Zusage erhalten. Den von ver.di und dem Schauspielverband BFFS mit der Produzentenallianz ausgehandelten Kurzarbeits-Tarifvertrag für Filmproduktionen will man dort aber nicht übernehmen.

„Die betroffenen Filmschaffenden erhalten nun für die Dauer der Kurzarbeit lediglich die gesetzlichen 60 Prozent ihres ausgefallenen Nettoverdienstes statt zusätzlich eine Aufstockung auf die volle Tarifgage durch das Produktionsunternehmen“, kritisiert El-Hammouri. Und damit zwischen 900 und 1600 Euro weniger Geld im Monat als ihre Kolleginnen und Kollegen in Produktionen, die den Kurzarbeits-Tarifvertrag anwenden, zeigen eine Tabelle und ein Kurzarbeitsverdienstrechner der ver.di-FilmUnion.

Marcus Sonnenschein ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Medienkanzlei Brehm & v. Moers und zählt zahlreiche Filmproduktionsunternehmen zu seinen Mandanten. Er bewertet den „in wirklich sehr bemerkenswert kurzer Zeit“ abgeschlossenen Kurzarbeits-Tarifvertrag als gutes Instrument, um der Branche Sicherheit zu geben: „Jeder hat jetzt einen Fahrplan und weiß: so kann es gehen, so kriegen wir es durch.“ In vielen Produktionen habe es seitdem „klare Entscheidungen für die Kurzarbeit und gegen Kündigungen“ gegeben. „In einigen Produktionen, die bereits in der letzten Woche Kündigungen ausgesprochen hatten, konnten auf Grundlage des Tarifvertrags sogar die Rücknahme der Kündigungen sowie die Beantragung von Kurzarbeitergeld erreicht werden“, weiß Sonnenschein.

Schwer nachvollziehbar scheint die Entscheidung Babelsbergs, das gesetzliche Kurzarbeitergeld nicht aufzustocken, auch angesichts der am vergangenen Freitag bekanntgegebenen Entscheidung der Filmförderungen, die von der Corona-Krise betroffene Film- und Medienbranche mit einem Hilfsprogramm in Höhe von 15 Millionen Euro zu unterstützen. Zuvor hatten bereits ARD und ZDF angekündigt, die Hälfte der Mehrkosten für die Produzenten bezahlen zu wollen, die durch Produktionsverzögerungen und Ausfälle entstehen.

Das Hilfsprogramm der Filmförderungen, an dem sich unter anderen auch das Medienboard Berlin-Brandenburg sowie die Filmförderungsanstalt und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien beteiligen, soll nun gemeinschaftlich geförderte Projekte unterstützen, für die andere Hilfsprogramme nicht infrage kommen. Produktionen, die wegen der Corona-Pandemie verschoben oder unterbrochen werden müssen, sollen danach bereits ausgezahlte Fördermittel nicht zurückzahlen müssen.

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