Rote Karte für Verlag „Kieler Nachrichten“

Justitia, Foto: Hermann Haubrich

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di hat gemeinsam mit dem Deutschen Journalisten Verband (DJV) beim Landgericht Flensburg Klage gegen den Zeitungsverlag „Kieler Nachrichten“ eingereicht. Der Verlag hatte seinen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Honorarbedingungen aufgezwungen, die die branchenweit geltenden Gemeinsamen Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen erheblich unterschreiten. Dafür gibt es jetzt eine Rote Karte per Verbandsklagerecht.

„Freie Journalistinnen und Journalisten müssen in der Lage sein, von ihrer Arbeit zu leben, was mit den Dumpinghonoraren der Kieler Nachrichten nicht möglich ist. Eine solch ausbeuterische Vertragspraxis ist absolut nicht hinnehmbar“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der dju in ver.di, Peter Freitag.

Die „Kieler Nachrichten“ hatten im vergangenen Sommer ein neues Honorarsystem für ihre freien Mitarbeiter*innen eingeführt. Danach werden die Freien nach einem „Baukasten-System“ entlohnt, was generell zu Honorarreduzierung führt. Statt Zeilen und Fotos konkret abzurechnen, gibt es einen Paketpreis für Bilder und Text sowie für Fotopakete. Diese Honorare weichen nach Auffassung der Gewerkschaften erheblich von den Mindesthonoraren laut den Gemeinsamen Vergütungsregeln ab, auf die sich Verlegerverband und Gewerkschaften geeinigt hatten.

Mit ihrer jetzigen Klage berufen sich dju in ver.di und DJV auf den Paragrafen 36 b des Urheberrechtsgesetzes, wonach Gewerkschaften als Vereinigungen von Urheberinnen und Urhebern den Anspruch ihrer Mitglieder auf eine angemessene Honorierung nach den Gemeinsamen Vergütungsregeln auf dem Weg des Verbandsklagerechts geltend machen können. Für die einzelnen freien Journalistinnen und Journalisten entfällt damit das hohe persönliche Risiko, das mit einer individuellen Klage gegen ihren Auftraggeber verbunden wäre:

„Gegen unterirdische Honorare wie die der Kieler Nachrichten hat der Gesetzgeber mit diesem Paragrafen den Gewerkschaften das Recht an die Hand gegeben, die rote Karte zu zeigen. Davon machen wir erstmals Gebrauch. Wir lassen nicht zu, dass freie Journalistinnen und Journalisten, die gerade auch im Lokaljournalismus einen wichtigen Dienst leisten, trotz ihrer langjährigen Arbeit für die Kieler Nachrichten ihre Existenzgrundlage verlieren“, so Freitag.

Gegen pauschal schlechte Honorierungsregeln für Freie in den AGB von Zeitungsverlagen, etwa umfangreiche Rechteeinräumungen in sogenannten Buy-Out-Verträgen, kämpfen dju und DJV schon seit langem. Beginnend mit dem Springer-Verlag 2007 stritten die Journalist*innengewerkschaften darum vielfach auch vor Gericht.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »

Lokaljournalismus verliert Quellen

Viele Städte und Gemeinden betreiben inzwischen ihre eigenen Social Media Kanäle und ihre eigene Informationsstrategie. Auch Akteure wie Polizei und Feuerwehr setzen immer mehr auf direkte Kommunikation – was Vorteile hat. Gleichzeitig, so der Verband der Deutschen Zeitungsverleger (VDL), erschwert diese Entwicklung die Arbeit von Lokalkjournalist*innen. Eine Sendung des Deutschlandfunks hat nachgefragt.
mehr »

Grokipedia: Musks Angriff auf die Wahrheit

Einen Monat nach dem Start von Elon Musks Grokipedia wird deutlich: Mithilfe von „Künstlicher Intelligenz" lässt sich im großen Stil „Informationskrieg" führen. Das alternative Online-Lexikon des rechten Milliardärs zielt erklärtermaßen darauf ab, den Stellenwert von Wikipedia zu unterminieren. Dabei geht es heutzutage unter anderem darum, in die Trainingsdaten großer Sprachmodelle (LLMs) einzufließen.
mehr »

Deutsche-Welle: Beschäftigte wehren sich

Mitarbeiter*innen der Deutschen Welle (DW) protestieren an der Marschallbrücke in Berlin gegen die geplanten massiven Kürzungen im Etat des deutschen Auslandssenders. Sie wollen bis Freitag jeweils frühmorgens Bundestagsmitglieder auf ihrem Weg ins Parlament um Unterstützung für eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Deutschen Welle bitten.
mehr »