Inflationsausgleich, aber richtig!

Peter Freitag, stellvertretender Bundesvorsitzender der dju in ver.di Foto: Murat Tueremis

Meinung

Tarifpolitische Bankrotterklärung. Anders kann man das, was der Deutsche Journalistenverband (DJV) mit den Zeitungsverlegern zur sogenannten Inflationsausgleichsprämie vereinbart hat, nicht bezeichnen. BDZV und DJV einigen sich auf eine Inflationsausgleichsprämie, die weit von den gesetzlichen Möglichkeiten von 3000 Euro entfernt bleibt und die keinen wirklichen Ausgleich für die explodierenden Preise darstellt.

Hinzu kommt, dass die Inflationsausgleichsprämie weder auf das Urlaubs-, noch auf das Weihnachtsgeld angerechnet werden kann. Und tabellenwirksam ist sie auch nicht. Sie bleibt also folgenlos für künftige Einkommenszuwächse.

120 Euro Inflationsausgleichsprämie, die 15 Monate lang gezahlt wird – das sind nicht einmal 3,5 Prozent Einkommenszuwachs. Selbst zusammen mit den beiden mageren – vom DJV zu verantwortenden – Erhöhungen von 1,5 und 2,0 Prozent aus dem laufenden Tarifvertrag wird der Reallohnverlust, den wir seit dem Frühjahr 2022 hinnehmen müssen, nicht gestoppt.

Diesen mehr als zweifelhaften Erfolg erkauft sich der DJV mit einer Verlängerung der Laufzeit des Gehaltstarifvertrages bis zum Jahresende 2024. Damit gibt der Verband für ein weiteres Dreivierteljahr eines der wichtigsten Machtmittel aus der Hand, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben: Das Recht, gute Arbeitsbedingungen und angemessene Gehälter notfalls auch mit einem Arbeitskampf zu erzwingen. Bei den Managern in den Medienhäusern dürften die Sektkorken knallen. Bei Redakteurinnen und Redakteuren sowie freien Journalist*innen in den Tageszeitungsredaktionen herrscht dagegen Katerstimmung. Sie werden mit tatkräftiger Unterstützung des DJV weiterhin von der Entwicklung des Reallohns abgekoppelt, während in anderen Branchen – nicht zuletzt mit dem tarifpolitischen Knowhow und der Kampfkraft einer wachsenden ver.di – respektable Lohnzuwächse erkämpft werden.

Um einer Legendenbildung vorzubeugen: Ja, die dju in ver.di war bei den Gesprächen über die Inflationsausgleichsprämie dabei. Schon in den Vorgesprächen mit dem DJV im Frühjahr und später bei den beiden gemeinsamen Gesprächsterminen mit dem BDZV haben wir unsere Haltung aber unmissverständlich klar gemacht: Eine Vereinbarung zur Inflationsausgleichsprämie wird es mit uns nur unter zwei Bedingungen geben: Die Laufzeit des Gehaltstarifvertrags darf nicht über das vereinbarte Ende am 30. April 2024 hinaus verlängert werden und Regelungen für festangestellte Redakteurinnen und Redakteure müssen ein zu eins auch für arbeitnehmerähnliche Freie gelten. Als sich am 28. September bei den Gesprächen mit BDZV und DJV abzeichnete, dass diese Kernforderungen nicht berücksichtigt werden, haben wir uns aus den Gesprächen verabschiedet. Mitverhandelt haben wir ausdrücklich nicht mehr, ab dem Moment wo  wir das Vorgehen des DJV grundsätzlich für tarifpolitisch kontraproduktiv gehalten haben.

Die Aufgabe tarifpolitischer Handlungsfähigkeit für ein Minusgeschäft zu Lasten der Zeitungsjournalist*innen wollten wir nicht mitmachen. Wir laden alle Kolleg*innen, gerade auch aus dem DJV ein, sich uns anzuschließen für bessere Gehälter, Honorare und Arbeitsbedingungen in Zeitungen.

Weitere aktuelle Beiträge

Weniger Demokratie wagen

Mit dem Slogan „Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern“ ist die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD angetreten.  Keine Koalitionsvereinbarung ohne Bekenntnis zur „flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten“. Aber halt: Hieß es nicht bei der Ampel (und der letzten Merkel-Regierung!) noch „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“?
mehr »

Von Drehtüren und Seitenwechslern

Seit gestern hat Deutschland eine neue Bundesregierung. Das Personalkarussell dreht sich - sowohl in der Politik als auch in der PR. Einige prominente Namen der künftigen Mannschaft von Bundeskanzler Friedrich Merz kommen aus dem Journalismus. Zu den spektakulärsten Seitenwechseln zählen die Personalien Stefan Kornelius und Wolfram Weimer. Kornelius, seit 2000 in leitender Funktion bei der Süddeutschen Zeitung, zuletzt als Ressortleiter Politik, tritt die Nachfolge von Steffen Hebestreit (SPD) als Regierungssprecher an. Mit Weimer wird gar ein Verleger („Business Punk“) und Publizist („Cicero“) und Ex-Focus-Chefredakteur neuer Staatsminister für Kultur und Medien.
mehr »

Rechtsextreme im Fernsehen

Durch meine Eltern habe ich Anstand und Respekt beigebracht bekommen. Daher missfällt es mir, Menschen nicht anzuhören, nur weil sie eine andere oder unliebsame Meinung vertreten. Das geht mir auch so bei der Frage, ob man Politikerinnen und Politiker der rechtsextremen AfD in TV-Talkshows einladen sollte. Ein grundsätzliches „Nein“ behagt mir nicht. Ein offenes „Ja“ kommt mir allerdings auch nicht über die Lippen, angesichts der AfD-Auftritte gerade im Vorfeld der jüngsten Bundestagswahl. Was also tun?
mehr »

Im Fokus: Justiz und Rechtspopulisten

Ein mildes Urteil ist es tatsächlich geworden: David Bendels, Chefredakteur des AfD-nahen „Deutschland-Kuriers“, ist am Montag vom Amtsgericht Bamberg zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er soll die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem Post auf dem Kanal des „Deutschland-Kuriers“ der Plattform X verunglimpft haben. Faeser war mit einem Schild vor dem Körper zu sehen, auf dem steht: „Ich hasse die Meinungsfreiheit.“
mehr »