Preis für respektloses Verhalten

Berliner Zoo Palast Kino. Foto: Jan Bittner

Meinung

Der seit Februar nicht mehr amtierende Produzent und Vorstandsvorsitzende der Constantin Film Martin Moszkowicz soll im Mai durch die Produktionsallianz und die Stadt Laupheim mit dem Carl Laemmle Preis 2024 für sein Lebenswerk geehrt werden. Empörend findet der Bundesfachausschuss Filmunion die Wahl dieses Preisträgers vor dem Hintergrund des aus einer Constantin Produktion heraus entstandenen „Schweiger-Skandals“ vor nicht mal einem Jahr.

Die Verfehlungen wurden erstmalig öffentlich, als sich 50 mutige Filmschaffende in einem Artikel des Spiegel konkret dazu äußerten. Eben dieser Martin Moszkowicz, der bei der betroffenen „Manta Manta-Zwoter Teil“-Produktion als Executive Producer verantwortlich zeichnete, spielte die Vorwürfe zunächst herunter und deklarierte sie öffentlich als teilweise unwahr. Erst nach erdrückender Beweislast gestand er die Fehler ein und gelobte Besserung. Auch wenn in der Folge der Code of Conduct und die Compliance-Richtlinien der Constantin Film verbessert wurden, hat Martin Moszkowicz an dieser Stelle als Produzent entschieden versagt und dieses Versagen auch noch versucht zu vertuschen.

Affront gegenüber Filmschaffenden

Die Produktionsallianz, die zudem gerade mit den Filmschaffenden in Tarifverhandlungen u.a. über sozial nachhaltigere Arbeitsbedingungen steht, ignoriert damit dieses respektlose Verhalten eines Kollegen aus ihren Reihen gegenüber Untergebenen nicht nur, sondern würdigt ihn nun auch noch, nicht mal ein Jahr später, mit einem Preis (dotiert mit 40.000 Euro). Dies wirft die Frage auf, wie wichtig der Produktionsallianz der gesundheitliche und emotionale Schaden ist, den das Kollektiv der Filmschaffenden erlitten hat.

Für den Bundesfachausschuss Filmunion in ver.di ist dies ein Affront gegenüber allen weisungsgebunden tätigen Arbeitnehmern in der Branche, die den machtmissbrauchenden Drehbedingungen wie denen eines Till Schweiger künftig Einhalt gebieten wollen.

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