Auf der Straße wie im Netz

Schlendern auf dem Boulevard. Viele mögen es, warum nicht? Zeit zum Träumen, Beobachten, Unterhalten, Einkaufen – Ablenken von alltäglicher Tristesse, den eigenen Problemen, der Weltpolitik!

Aber alles Boulevard, womöglich mit der Zeit heruntergekommen? Das kann es auch nicht sein – weder auf der Straße noch in den Medien. Bei Letzteren kann man sich leider des Eindrucks nicht erwehren, dass die unterhaltenden, oft auf sexuelle Anreize, Absonderliches, Vulgäres, Primitives … reduzierten Inhalte zunehmend obsiegen gegenüber hoher Spielfilmkunst, dem Dokumentarischen, der investigativen Reportage, der seriösen Nachricht, dem kritischen Magazin. Die Boulevardisierung der Information schreitet voran, sagen Medienwissenschaftler. Auch wenn die besten Zeiten der Boulevardzeitungen offenbar vorbei sind – selbst bei der 60jährigen Bild: Von einer generellen Krise des Boulevardjournalismus kann nicht die Rede sein. Er wuchert auf allen Kanälen, hat seine Auswirkungen auf die Programmpolitik der Öffentlich-rechtlichen. Und auch im Internet werden die „Freunde einer eher emotionalisierten Berichterstattung schnell fündig“. „Alle gegen Bild“ ist da nicht genug, um diesen Trend zu stoppen!

Gehen wir von der Straße ins weltweite Netz, poppen auch hier bunte Banner auf, locken reißerische Headlines und bunte Allerwelt-Videos ins Burlesque. Aber ebenso begegnet man journalistischen Highlights oder niveauvollen Diskussionsplattformen. Allein die Affinität großer Teile der Netzgemeinde zur Gratiskultur trübt das Wissen um die Chancen und Möglichkeiten des digitalen Mediums. Kreative Werke werden kostenlos verscherbelt. „Profaner Diebstahl geistigen Eigentums“ nennen es Künstler und Autoren mit ihrer neuesten Unterschriftenaktion: www.wir-sind-die-urheber.de. Tatort-Autoren und inzwischen viele andere hatten zuvor ihre Stimme erhoben (M 3 / 2012). Auch die Initiative Urheberrecht – zu der ver.di gehört – mahnt „mehr Respekt vor der kreativen Leistung“ an. Doch der Gesetzgeber schweigt, was die Rechtsunsicherheit im Netz weiter verschärft. M fragte bei Abgeordneten der Bundestagsfraktionen und bei der Piratenpartei nach ihren Vorschlägen zur Ausgestaltung des Urheberrechts im Internetzeitalter.

Weitere aktuelle Beiträge

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »

Klimajournalismus im Aufwind

Noch immer wird zu wenig über den Klimawandel und seine Folgen informiert. Daran tragen auch Medien eine Mitschuld. Das Netzwerk Klimajournalismus will  Klima-Wissen in die Redaktionen bringen und ermöglicht Austausch unter Journalist*innen und Medienschaffenden. Wir sprachen im M-Podcast mit Jürgen Döschner.
mehr »