Editorial: Synergieeffekte?

Gegen Synergieeffekte – die ja das Ergebnis von Synergien sein sollen – also gegen positive Wirkungen, die sich aus dem Zusammenschluss oder der Zusammenarbeit von Unternehmen ergeben, ist generell nichts einzuwenden. Auch Medienkonzerne, ob die Südwestdeutsche Medienholding, Neven DuMont Schauberg, Bertelsmann / Gruner+ Jahr, WAZ sprechen derzeit häufig von Synergien und Syndikation. Sie sind dabei, ihre Produkte entsprechend umzugestalten, umzuorganisieren. Warum nicht?

Aber worin bestehen die positiven Wirkungen? In jedem Fall in der Kostenersparnis: Weniger Redakteure, Leiharbeit, Auslagerung in tariffreie Gebiete – Gehälter eingespart.

Magere Honorare – einmal bezahlt für Mehrfachverwendungen und durch geringere Auftragsvergabe – Honorare eingespart. Weniger Büroräume etwa für weniger Korrespondenten – Sachmittel eingespart.

Gleichfalls sehen Verleger derlei positive Wirkungen auch für die Qualität und sogar die Pressevielfalt. Freiwerdende Mitarbeiter könnten mehr exklusive Geschichten recherchieren, heißt es da zum Beispiel bei DuMont Schauberg und auch beim Tages-Anzeiger im Schweizer Verlagshaus Tamedia. Wie das gehen soll mit einer sehr viel geringeren Anzahl von Redakteuren, bleibt nebulös. Realität ist wohl eher eine enorme Arbeitsverdichtung für die Verbliebenen. Dennoch bringen viele Freie ihre Geschichten nicht mehr unter, haben erhebliche Einkommenseinbußen. Recherchezeit etwa für die Autoren eines Schreiber-Pools, bei DuMont angedacht, ist eine schöne Sache. Aber wie arbeitet der „Rest“ in der Tagesproduktion ohne Zeit für Recherche?

Unter Qualität und Vielfalt, ist etwas anderes zu verstehen. Erscheint jetzt der Artikel einer Korrespondentin wortgleich in vier Titeln und Online, waren es zuvor mindestens vier unterschiedlich geschriebene Beiträge.

Das heißt, möglicherweise mit unterschiedlicher Auswahl und Gewichtung der Fakten, mit jeweils anderen Stimmen/O-Tönen, verschiedenen Schreibstilen und bei Meinungsbeiträgen auch mit abweichenden Sichten und Argumenten. Das war Vielfalt! Ein weiterer Aspekt: Wer wird zitiert über die Region hinaus? Nicht unbedingt die ansässige Zeitung in Frankfurt, wenn das Gleiche in der Online-Ausgabe einer Kölner-Zeitung steht. Eine interessante Perspektive hatte dieser Tage ein Nutzer des heiß umkämpften Medienmarktes der Hauptstadt: Abonnent der Berliner Zeitung und der Frankfurter Rundschau, müsse er ja künftig nicht mehr beide haben, wenn das Gleiche drin steht. Anstatt der Berliner könnte ich ja dann wieder Tagesspiegel lesen, meinte er. So werden Marken beschädigt!

Zur Betrachtung der deutschen Medienlandschaft dieser Tage gehören 20 Jahre nach dem Mauerfall die einstigen DDR-Titel – wo sind sie geblieben? Mit einer vierteiligen Serie beschreibt M bis zum Jahresende den Weg jener Medien, die zum größten Teil nach dem November 1989 nur ein kurzes Frühlingserwachen erfuhren – erster Teil Mecklenburg-Vorpommern.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Medienkompetenz live und vor Ort

Daß Medienkompetenz nicht nur digital, sondern auch im real life vermittelt werden kann  zeigt ein Projekt aus Berlin. Durch aktive Medienarbeit möchte das Meko Neukölln Kinder und Jugendliche darin stärken, ihre Stimme zu erheben, sich einzubringen und an der Gesellschaft teilzuhaben. Die Angebote sollen die Teilnehmenden befähigen, sich selbst auszudrücken und ihre Sichtweisen und Erfahrungen zu teilen.
mehr »

Erziehung zur digitalen Mündigkeit

Wie kann man Kinder und Jugendliche bei der Social-Media-Nutzung vor Gefahren wie Cybergrooming oder -mobbing schützen, ohne ihnen Teilhabe- und Befähigungschancen in der digitalen Welt zu verbauen? Die aktuelle Debatte wird hitzig geführt. Antworten reichen von einem Verbot für Tiktok, Instagram und Co für unter 16-Jährige bis hin zur Stärkung von „digitaler Mündigkeit“ der User und rechtlicher Regulierung der Anbieter.
mehr »

EU ringt um digitale Regulierung

Trump droht mit Sanktionen. Denn einige US-amerikanische Online-Plattformen werden künftig etwas weniger Gewinn machen als bisher, wenn sie sich um Content-Moderation kümmern müssen. Schließlich will die EU Youtube, Instagram, X und andere verpflichten, illegale Inhalte von ihren Plattformen zu entfernen und ihre Funktionsweisen transparenter zu machen. Diese Eingriffe würden Sanktionen zufolge haben, verlautbarte der US-Präsident. Sanktionen als Preis dafür, die Orte gesellschaftlicher Auseinandersetzung weniger hasserfüllt zu gestalten?
mehr »

Die Krux mit der KI-Kennzeichnung  

Soziale Netzwerke wie Instagram oder TikTok werden mit Inhalten geflutet, die künstlich erschaffen oder manipuliert wurden. Für Nutzer*innen ist es mitunter kaum möglich zu unterscheiden, was „echt“ ist und was nicht. Waren Fälschungen in Zeiten, als generative KI nicht allgemein zugänglich war, zumeist aufwändig, lassen sich heute sekundenschnell realistisch wirkende Bilder und Videos erzeugen.
mehr »