EU will Journalisten besser schützen

Flaggen der Mitgliedsstaaten in Straßburg vor dem Europäischen Parlament
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Die Europäische Kommission will die Bekämpfung von Desinformation im Netz verschärfen, Pressefreiheit vehementer verteidigen und Journalist*innen besser schützen. Auch die finanzielle Unterstützung für Medienschaffende und Verlage soll künftig stärker ausgebaut werden. Dazu hat sie nun den Aktionsplan für Demokratie in Brüssel vorgestellt. Ein neues Gesetz zur Regulierung politischer Werbung soll 2021 vorgelegt werden.

Daß es in einer Demokratie um Meinungsfreiheit und Teilhabe geht, daran läßt die Europäische Kommission in ihrem am 3. Dezember vorgestellten Aktionsplan keinen Zweifel. „In einer gesunden und florierenden Demokratie können Bürger*innen ihre Ansichten frei äußern, ihre politische Führung wählen und über ihre Zukunft mitbestimmen. Damit Partizipation sinnvoll ist, müssen die Bürgerinnen und Bürger auch in der Lage sein, sich ein eigenes Urteil zu bilden,“ heißt es im Aktionsplan.

Im Zentrum des Papiers steht die Rolle der Medien in der EU, die im Bezug auf die Förderung, Erhaltung und Entwicklung demokratischer Strukturen unterstützt werden soll. Der Aktionsplan solle insbesondere die Widerstandsfähigkeit der EU-Demokratien angesichts aktueller Herausforderungen stärken. Konkret gehe es um „Maßnahmen zur Förderung freier und fairer Wahlen und einer starken demokratischen Beteiligung, zur Unterstützung freier und unabhängiger Medien und zur Bekämpfung der Desinformation “.

Desinformation bekämpfen

Im Kampf gegen die Verbreitung von Desinformation werden stärkere Auflagen für Online-Plattformen vorgeschlagen. Seit 2018 verpflichten sich Facebook, Google und zahlreiche weitere Internetkonzerne im Rahmen eines Verhaltenskodex zwar zu Maßnahmen. Diese sind allerdings bislang nur freiwillig. Die EU-Kommission möchte den Kodex nun zu einem Instrument der Ko-Regulierung weiterentwickeln und kündigte erstmals auch rechtsverbindliche Schritte an.

Sicherheit von Journatist*innen verbessern

Auch der persönliche Schutz von Journalist*innen soll verbessert werden: „Unsere jüngsten Berichte über die Rechtsstaatlichkeit haben in der Tat gezeigt, dass es in ganz Europa Herausforderungen gibt, wenn es um die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten geht. Wir sehen, wie einzelne Reporter organisierten Hass-Stürmen und Drohungen ausgesetzt sind, wenn sie über bestimmte Dinge schreiben. Das ist eine echte Bedrohung für die Demokratie“, sagte die Vize-Kommissionspräsidentin Vera Jourova, im Interview mit dem Nachrichtenportal Euractiv. Die Kommission wird daher konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit von Journalist*innen erarbeiten. Dabei sollen auch Online-Bedrohungen, denen insbesondere Journalist*innen ausgesetzt sind, berücksichtigt werden.

Initiative gegen „strategische Klagen“

Gemeinsam mit europäischen Presseorganisationen will die Kommission darüber hinaus an einer Initiative gegen sogenannte „strategische Klagen“ arbeiten. Diese Verfahren gegen Medien werden als SLAPPs bezeichnet: „Strategic lawsuits against public participation“. Darunter werden Klagen verstanden, die kritische Berichterstattung verhindern sollen. SLAPPs werden meist von Unternehmen, gelegentlich auch von vermögenden Privatpersonen angewandt. Sie dient dazu, durch langwierige Gerichtsverfahren das öffentliche Interesse an einer bestimmten Sache zu minimieren und die Berichterstattung zu erschweren.

Stärken möchte die Kommission auch die Finanzierung der Medienbranche. Ein neuer Fonds namens „Media Invest“ soll im Budgetzeitraum von sieben Jahren rund 400 Millionen Euro für die Förderungen von Investitionen im „audiovisuellen Sektor“ mobilisieren, also der Presse-, Musik- und Filmbranche. Eine Initiative namens „News“ soll speziell Nachrichtenmedien in Zusammenarbeit mit Stiftungen und Privatpersonen einen erleichterten Zugang zu Darlehen und anderen Finanzhilfen gewähren

Der Aktionsplan für Demokratie ist nur eine umfangreiche Ankündigung. Konkrete Gesetzgebungsprozesse leitet er zunächst nicht ein. Doch die Initiativen könnten sich im kommenden Jahr in Entwürfen und Gesetzen niederschlagen.

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