Editorial: Minimalistische Bilanz

Der demokratische Souverän bestimmt den Kurs Karikatur: Götz Wiedenroth

„Versprochen ist versprochen …“ – so ein geflügeltes Wort. Wir erleben immer wieder, dass das für Versprechungen der Politik nur begrenzt gilt. Auch im Jahr der Bundestagswahl 2017 sollte man genau hinschauen, was konkret in den Programmen steht. Als Blaupause können die Wahlversprechen von 2013 dienen. M hat mit Fokus auf die Medienpolitik geprüft, inwieweit sie eingehalten wurden (S. 6–11).

Aber unter dem Motto: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? …“ (Konrad Adenauer), sieht die Bilanz eher minimalistisch aus. Das betrifft den in der „Digitalen Agenda“ der Großen Koalition angekündigten „umfassenden Breitbandausbau“ ebenso wie die anlasslose Vorratsdatenspeicherung oder das neugefasste Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Das Leistungsschutzrecht – bereits vor der letzten Wahl mit Hilfe der Verlegerlobby durchgepeitscht – scheint nun endgültig zum Rohrkrepierer zu werden. Vervollständigt man die Worte des ersten deutschen Bundeskanzlers, heißt es weiter: „… Nichts hindert mich, weiser zu werden.“ – Sicher auch heutzutage nicht falsch, zumal die rasante digitale Entwicklung die Gesellschaft ständig vor neue Herausforderungen stellt, vor allem in der Rundfunk- und in der Netzpolitik. Einige politische Vorhaben, etwa das mit dem grusligen Namen versehene „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (S. 5), sind da hoffentlich noch nicht der Weisheit letzter Schluss. M beschreibt im Magazin-Schwerpunkt, wie sich die Parteien in Wahlkampfzeiten im Netz inszenieren (S.12/13) und warum die Meinungsforschung eine Wissenschaft mit vielen Variablen ist (S.14/15). Interessante Handreichungen für die journalistische Berichterstattung im deutschen Wahlkampf gibt Stephan Weichert (S. 16–18).

Zusammen mit weiteren informativen Beiträgen zum „Paralleluniversum“ rechter Medienauftritte (S. 19), dem Streit um das Journalistik-Studium in Leipzig (S. 20) oder den Ergebnissen einer Umfrage zur Erwerbs- und Auftragssituation von Selbstständigen (S. 21) … also erneut viel Lesestoff bis zum nächsten M-Magazin im September kurz vor der Bundestagswahl. Und damit nicht genug! Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, was in der Medienbranche und vor allem auch in seiner Gewerkschaft passiert, kann das auf M Online täglich verfolgen. Dabei gibt es auch immer wieder neue Angebote. So wird der Service mit den Seminarübersichten und den beliebten „Leute“-Nachrichten künftig weitere aktuelle Berufs-Infos enthalten!

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »