Meinung

Schmähgedicht: Geschmacklos aber Kunstfreiheit

Nun hat es TV-Moderator Jan Böhmermann also schwarz auf weiß: Sein „Schmähgedicht“ aus der Satire-Sendung “Neo Magazin Royale“ (ZDF) über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im April dieses Jahres ist nicht beleidigend. Die Staatsanwaltschaft Mainz stellte die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Satiriker ein. Alle Beteiligten können sich als Sieger fühlen, zugleich sind sie alle aber auch Verlierer.
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Regionalpresse: Chefs stärker beobachten!

Auch Ende September 2016 sind sie eine Männerbastion, die 100 Regionalzeitungen mit selbst produziertem Mantelteil in Deutschland. An ihren Redaktionsspitzen gibt es nur fünf Chefredakteurinnen, auch nur 18 Prozent der Stellvertretungen sind weiblich! Das hat der Verein „Pro Quote“ recherchiert, der 2012 antrat, den Frauenanteil in den Spitzenpositionen deutscher Medien bis nächstes Jahr auf 30 Prozent zu erhöhen. Bei überregionalen Leitmedien war die Kampagne erfolgreicher: „Die Zeit“ und „Bild“ haben bereits mehr als ein Drittel weibliches Führungspersonal. Doch in der Regionalpresse dominieren weiterhin „harte Blattmacher“. Warum? Wie kann man das ändern?
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Mit „funk“ wollen ARD und ZDF endlich die Jugend erreichen

Die öffentlich-rechtlichen Programmanstalten senden seit dem Wochenende ein neues Funksignal in das für sie bisher weitestgehend unbekannte Weltall, das sich Internet nennt. Das Signal scheint von einer etwas unheimlich dreinblickenden Katze mit buntem Lutscher auszugehen. Als Empfänger geben ARD und ZDF die etwas unspezifische Gruppe der 14- bis 29-Jährigen an. Offensichtlich sind das die Wesen, die auf den bunten Planeten der Internetwelt sitzen, eine Hand am Smartphone, das andere am Tablet, in möglichst weiter Entfernung zur nächsten Fernbedienung.
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Türkei: … und Berlin schweigt

Nahezu täglich seit dem fehlgeschlagenen Putsch in der Türkei erreichen uns besorgniserregende Meldungen vom Umgang mit den Medien. So ließ der Minister für Jugend und Sport, Akif Cagatay Kilic, nach einem Interview des Journalisten Michel Friedman für die Deutsche Welle das komplette Filmmaterial konfiszieren und verhinderte die Ausstrahlung. Der Journalistin Dilek Dündar, Ehefrau des verurteilten früheren Chefredakteurs von Cumhuriyet, Can Dündar, wurde die Ausreise verweigert und der Pass entzogen. Die kurdische Zeitung Özgür Gündem wurde gerichtlich verboten, sie ist angeblich ein Sprachrohr der verbotenen PKK. Die Reaktion aus Europa auf all das ist Schweigen.
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Abstruses Zeug mit ernsten Folgen

Im Entwurf ihres Grundsatzprogramms fordert die CSU die Fusion von ARD und ZDF. Für die Information der Bürger genüge ein Sender: „Wir sind der Auffassung, dass die Grundversorgung auch von einer Fernsehanstalt geleistet werden könnte", erklärte CSU-Chef Horst Seehofer öffentlich. Für die Zusammenlegung von CDU und CSU plädieren daraufhin dju-Kolleg_innen des ZDF. „Wir sind der Auffassung, dass die Grundversorgung auch von einer christlichen Partei geleistet werden kann", kontern sie. Die Gewerkschaft solle die parteienpolitische Maxime beschließen: „Wir streben langfristig die Beseitigung von Doppelstrukturen und die Zusammenlegung von CDU und CSU unter einem Dach an."
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Um den Preis des eigenen Untergangs

Spaniens meistgehörter Radiosender Cadena Ser entlässt drei der populärsten Polit-Talker. Unter ihnen Fernando Berlin, der seit 18 Jahren für den Sender arbeitet und der durch ein eigenes Morgenradio im Internet – radiocable.com – in Spanien eine Art Kultstatus inne hat. Allen drei Entlassenen ist eines gemein: Sie lassen sich nicht hineinreden. Die drei altgedienten Journalisten gehören zu den wenigen, die in politischen Diskussionsrunden offen das bisherige Zwei-Parteiensystem kritisieren und gewisse Sympathie oder zumindest Verständnis für die junge Anti-Austeritätspartei Podemos (Wir können) aufbringen.
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In Unkenntnis der eigenen Sprache

Internet, Talkshow, Teaser, Service – es gibt eine Menge akzeptabler Anglizismen. Die Zahl der inakzeptablen ist aber weit größer und wird gerade auch durch den Journalismus ständig erhöht, fehlerhaften Gebrauch inbegriffen. Fremdwörter haben ihren Wert, wenn sie etwas bezeichnen, für das es noch keinen Begriff gibt. Wenn die weltweite Vernetzung von Computern historisch zuerst Internet genannt wird, und wenn eine grassierende Krankheit ein englisches Kürzel wie AIDS bekommt, dann ist es nicht nötig, Begriffe wie „Weltnetz“ herbeizuzwingen. Doch derzeit wird unser Alltag mit Anglizismen überschwemmt, die normale Wörter ersetzen, die weder sperrig noch unbekannt sind.
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Hauptsache Bildchen, oder was?

Der Machetenmord in Reutlingen bebildert mit einem traurigen Smiley und einem Messer, die Meldungen zum Anschlag in Nizza versehen mit Bomben- und Polizeiwagen-Emojis. WhatsApp und dessen Bildchen-Sprache erscheinen vielen Medien offenbar als letzte Rettung, um die jungen Leser_innen mit ihren Artikeln überhaupt noch zu erreichen. Aber hilft das wirklich der Glaubwürdigkeit? Oder ist weniger in diesem Fall nicht eben doch mehr?
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Für und Wider eines Bilderverbots

Ausgehend von der Ankündigung der französischen Tageszeitung Le Monde im Nachgang des Attentats von Nizza, keine Bilder der Attentäter mehr zu veröffentlichen, um eine Heroisierung der Tat und der Täter zu verhindern, ist in den deutschen und europäischen Feuilletons eine Debatte über das Für und Wider eines Bilderverbots entbrannt. Mir erscheint es verkürzt, eine Debatte um die Abstinenz von Bildern nach Terroranschlägen zu führen, ohne ein größeres Panorama aufzufalten und die Mechanismen und Strukturen des Krisenjournalismus als Ganzes zu betrachten.
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Gleichschaltung? Gleiche Schaltung!

Die Medienwelt ist doch immer wieder mal für `ne Überraschung gut. Neulich am Zeitungskiosk – ja, es gibt sie noch, die guten alten Holzmedien – springt es dem Betrachter gleich ins Auge: Alle drei Hauptstadt-Regionalblätter – Tagesspiegel, Berliner Morgenpost und Berliner Zeitung – tragen das gleiche Kleid. „Neueröffnung im Herzen Berlins“ steht da in schwarzen und weißen Lettern auf blauem Grund. Auf der Frontseite! Nanu, fragt sich der argwöhnische Zeitgenosse. Ist es jetzt so weit? Reicht der lange Arm Erdogans, sein Bestreben zur Harmonisierung der Medienlandschaft inzwischen bis in die deutsche Kapitale?
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Hinsehen in Brasilien: Gewalt gegen Journalisten

Journalisten leben gefährlich im Olympia-Gastgeberland: Kurz vor Beginn der Spiele 2016 ist in Brasilien ein weiterer Journalist ermordet worden. Der dritte in diesem Jahr. Er hatte im Bundesstaat Goias eine lokale Nachrichtenwebseite betrieben und auch über Regierungskorruption und Behördenversagen berichtet. – Ein neuer skandalöser Fall und leider bezeichnend für Brasilien, das seit Jahren zu den Staaten Lateinamerikas gehört, in denen die meisten Medienschaffenden ermordet werden.
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Kein Ruhmesblatt

Es sind unruhige Zeiten. Krieg, Bürgerkrieg, Terror, individuelle Gewaltakte beherrschen seit Wochen die Schlagzeilen. Brennpunkte und Sondersendungen über dramatische Ereignisse wie die von Nizza, Würzburg, München und Ansbach stürzen in immer kürzeren Abständen auf ein verschrecktes Publikum ein. Keine Frage: In Krisenzeiten ist der Nachrichtenjournalismus besonders gefordert. Die Bürger verlangen – zu Recht – nach korrekter Information und Aufklärung durch die Medien sowie nach entschlossenem Handeln von Politik und staatlicher Exekutive. Gemessen an diesem Anspruch kann den Medien nach der Gewaltwelle im Monat Juli allerdings kein gutes Zeugnis ausgestellt werden.
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Nichts Genaues weiß man nicht, Hauptsache auf Sendung?

Nach ihrer Berichterstattung zum Türkei-Putsch stehen die Öffentlich-Rechtlichen in der Kritik. Zu Unrecht. Standen nach dem Nizza-Attentat, zu Recht, noch die Boulevardpresse und die fragliche Publikation von Opfer-Bildern im Visier der Kritik, traf es nach dem Türkei-Putsch das öffentlich-rechtliche Fernsehen: Zu spät, zu spärlich und zu sparsam hätte es berichtet, so der Vorwurf. Auf Twitter wurden gar Rufe nach der Abschaffung von ARD/ZDF laut. Wer so arbeite, würde nicht mehr gebraucht. Doch welche Art von Arbeit erwarten wir denn nun eigentlich von den Öffentlich-Rechtlichen?
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Sorge um die türkischen Medien

In der Türkei ist der Putschversuch gescheitert, doch Beobachter warnen, dass der eigentliche Putsch jetzt erst losgehen könnte. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem „Geschenk Gottes“ und fing gleich damit an, in der Justiz und in der Armee vermeintliche Regierungsgegner zu entlassen oder festnehmen zu lassen. Man möchte in diesen Tagen nicht als Erdogan-Kritiker in der Türkei leben, denn es ist mit weiteren Repressionen und Racheaktionen zu rechnen. Auch die Medien könnten das zu spüren bekommen.
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Sekt und Selters

Am Abend des 29. Juni dürften in den Chefetagen der Zeitungsverlage die Sektkorken geknallt haben. Der Abschluss der Gehaltstarifrunde 2016 ist für die Verleger ja auch ein Grund zum Feiern. Und das in gleich mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist es ihnen gelungen, einen Abschluss durchzuverhandeln, bei dem unter dem Strich eine dicke Null vor dem Komma steht. Zum anderen haben sie es geschafft, die Kampfbereitschaft bei den Redakteur_innen auf Dauer zu schwächen, wenn nicht gar zu marginalisieren.
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Tarifabschluss bittersüß

Freude, Stolz, Triumph gar? Der Tarifabschluss für die Zeitungsjournalisten_innen hinterlässt nichts von alledem. Er enttäuscht alle, die sich besonders stark für ein gutes Ergebnis engagiert hatten. Ist es also paradox, wenn unser Verhandlungsführer Frank Werneke den Abschluss "vertretbar" nennt und jenen dankt, „die mit Streiks und Aktionen den Druck auf die Verleger erhöht haben“? Meine Antwort: Nein.
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