DuMont-Redaktionen begehren auf

Gegen das Vorhaben, die DuMont-Hauptstadtredaktion zu schließen, und gegen den Umgang des Kölner Medienkonzerns mit seinen Redaktionen generell protestieren die Berliner DuMont-Beschäftigten. In einer heute verbreiteten gemeinsamen Resolution heißt es: „Wir akzeptieren nicht, dass DuMont seine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber komplett ignoriert und die 17 Kolleginnen und Kollegen der Hauptstadtredaktion schlicht vor die Tür setzt.“ Das Vorgehen wird als brutaler „Beginn einer verlegerisch verantwortungslosen Kürzungsstrategie“ bezeichnet.

DuMont hatte Ende Mai angekündigt, die Politik- und Wirtschaftsberichterstattung seiner Blätter künftig in einer „strategischen Partnerschaft“ gemeinsam mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) des Madsack-Konzerns zu leisten. Die Journalisten aus der bisher zuständigen DuMont-Redaktionsgemeinschaft in Berlin sollen gekündigt werden und könnten sich individuell auf einige Stellen im neuen RND bewerben.

Weil die Hütte brennt

Die Berliner Resolution war gestern auf einer außerordentlichen Betriebsversammlung debattiert und beschlossen worden, an der auf Initiative des Betriebsrates diensttuende Redakteurinnen und Redakteure der Hauptstadtredaktion, der Ressorts von Berliner Zeitung und Berliner Kurier sowie der Onlineauftritte teilnahmen. Die Lage im Haus an der Berliner Alten Jacobstraße, wo nach Aussagen des Betriebsratsvorsitzenden Jan Thomsen längst „die Hütte brennt“, habe das erfordert. „Wir müssen uns nicht leise immer weiter abbauen lassen“, stand in der Einladung. Beschäftigte und Interessenvertretung äußern nun auch öffentlich massive Kritik am Umgang mit den Redaktionen, werfen dem Vorstand vor, mit falschen Zahlen zu operieren und die Situation zu beschönigen. Das Outsourcing der zentralen Berichterstattung sei „nur das Modell“, so heißt es in der Resolution, „für weitere Streichungen, die alle anderen Redaktionen betreffen, nicht nur in Berlin“. Gleichzeitig wird der DuMont-Vorstandvorsitzende Christoph Bauer aufgefordert, in die Hautstadt zu kommen: Erklären „Sie, was Sie mit DuMont in Berlin vorhaben!“.

Die etwa 140 Redakteurinnen und Redakteure am Berliner Standort fordern mehr Stellen. „Wir wollen mindestens die Sollstärke, die uns DuMont am Anfang des Berliner Neustarts zugesichert hat. Das sind nach heutigem Stand zehn Stellen mehr quer über alle Ressorts, im gesamten Betrieb“, heißt es. Es müsse Schluss sein mit dem „schleichenden Abbau, der zu Arbeitsüberlastung, Fluktuation und zu immer mehr Qualitätsproblemen führt“. Würden die offenen Stellen besetzt, könnten theoretisch jegliche Kündigungen am Berliner DuMont-Standort vermieden werden. „Arbeit wäre genug da“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Im Interesse der Qualitätssicherung und einer besseren Betriebskultur fordern die Beschäftigten, einen Redaktionsausschuss einzusetzen. „Wir wollen keine Konzepte oktroyiert bekommen, die dann nicht funktionieren. Wir wollen beteiligt werden an künftigen Plänen, wie wir arbeiten sollen“, heißt es in der Resolution.

Salami-Taktik befürchtet

Zentral wird ein fairer Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen der Hauptstadtredaktion eingefordert. Sie sollten neue Jobangebote im Haus bekommen, andernfalls gut dotierte Abfindungen erhalten oder in eine Transfergesellschaft wechseln können. Über all das will der Betriebsrat mit DuMont verhandeln, doch lehnt die Geschäftsführung bislang eine Sozialplanpflicht für die Hauptstadtredaktion komplett ab. Dagegen wenden sich die Beschäftigten: „Wir unterstützen den Betriebsrat, der seine Rechte einklagen wird“, heißt es in der Resolution. Auf M-Nachfrage informierte der Betriebsrat, dass die angedrohten Kündigungen für die Hauptstadtredakteur_innen noch nicht ausgesprochen sind, dass aber nach der Zustimmung des Kartellamtes zum Deal mit dem Madsack-Redaktionsnetzwerk sehr schnell damit gerechnet werde, womöglich noch zu Ende Juni.

Auch die Gewerkschaften versuchen, mit DuMont über die soziale Absicherung der Hauptstadtredakteure zu verhandeln. Ein im Januar 2017 abgeschlossener Sozialtarifvertrag, der auch für die Gewerkschaftsmitglieder in der DuMont-Redaktionsgemeinschaft gilt, soll noch verbessert werden. Das sei umso dringlicher, da mit weiterem Abbau in den Berliner Redaktionen gerechnet wird. Eine „Salami-Taktik bis 2019“ befürchtet Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer der dju in ver.di. Es gäbe mehr als bloße Anzeichen, dass Madsack künftig für die Berliner DuMont-Produkte ganze Seiten oder weitere Serviceleistungen zuliefern soll. „Das gefährdet auch Arbeitsplätze in anderen Ressorts oder im Layout“, so Reichel.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht zur Branche liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Geschehen in der Medienbranche wirft der jetzt wieder vorliegende Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Ein Merkmal des ersten Monate dieses Jahres: Viele Übernahmen und eine Werbekonjunktur. 
mehr »

Buchtipp: Sprache des Kapitalismus

Über gendersensible Sprache läuft schon seit Jahren eine hochemotionale Debatte. In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden gilt seit dem 1. April sogar ein Genderverbot. Über Begrifflichkeiten wie „steigende Preise“ oder Finanzkrisen, die wie ein „Tsunami“ über uns kommen, wird dagegen weniger gestritten. Sie beherrschen längst unser Denken und Sprechen, sind in unseren Alltag eingedrungen. Wer in diesem Wirtschaftssystem sozialisiert wurde, nutzt sie automatisch, ohne weiter darüber nachzudenken.
mehr »

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »