Editorial: Sommerpause

Sommer ist für viele die Jahreszeit, sich zu erholen. Nicht jeder kann es sich leisten, gerade Freie müssen die durch Urlauber ausgedünnten Redaktionen und Sender nutzen, um ihre Themen in klingende Münze zu verwandeln. Oder die Medien füllen das berüchtigte Sommerloch mal wieder mit ein paar Spektakeln. Sie könnten auch Bilanz des ersten Politik-Halbjahres ziehen.

Themen gibt‘s genug: etwa die Missgeburt zum Mindestlohn, ein halbgewalktes Gesundheitsreformvorhaben, den umstrittenen Gesetzentwurf zur Telekommunikationsüberwachung und eine noch nicht beschlossene Urheberrechtsnovelle, genannt Korb 2.
Auch bei ver.di ist es in der Jahresmitte etwas ruhiger. Wohl wissend, dass viele Mitglieder – auch Medienmacher – mit den Kindern in den Schulferien unterwegs sind. Die studentische Jugend taucht in die Semesterpause. Firmen machen Betriebsferien. Und auch Verdianer erholen sich, nachdem die Fach- und Regionalkonferenzen erfolgreich absolviert, die Anträge an den Gewerkschaftstag im Oktober in Leipzig eingereicht und die Delegierten gewählt wurden.
Dennoch wird immer jemand auf Deck des großen ver.di-Dampfers sein, nicht zuletzt um anstehende Tarifverhandlungen – etwa im Kinobereich oder bei Bremedia weiter zu führen oder für angemessene Vergütungen bei Freien an Tageszeitungen und Zeitschriften zu streiten. Dazu gehört, sich mit Springer auseinanderzusetzen, wenn der Konzern mit AGBs Fakten schaffen will – vor einer Vereinbarung über angemessene Vergütung. Im ersten Rechtsstreit konnte ein Teilerfolg für die Freien erzielt werden.
Die neue Medienfachgruppe in ver.di hat jede Menge Vorhaben, deren Vorbereitungen kaum Aufschub dulden. Bereits am 24. August macht die dju eine „Gipfelnachlese“. Am 20. Oktober treffen sich die Fotografen in Hannover zum Meinungsaustausch. Dem Journalistentag – wie immer am letzten Sonnabend im November – wird in diesem Jahr noch eine medienpolitische Fachtagung vorgelagert sein.
Natürlich macht auch die M „Sommerpause“ – aber nicht ohne ihren Leserinnen und Leser spannenden Lesestoff für die Zeit bis September mitzugeben. Das Titelthema zur Fachpresse in und über Deutschlands Grenzen hinaus erfordert neben Neugier die Bereitschaft, sich auf eine Vielzahl von interessanten Zahlen und Fakten einzulassen, die die Autoren für uns zusammengetragen haben. Sie bieten einen umfassenden Überblick über diesen unterschätzten und doch so imposanten Medienzweig. Die Spuren auf der Seele von Kolleginnen und Kollegen, die in Kriegs- und Krisengebieten oder an Unglücksorten unterwegs sind, führen zur Einsicht, mehr für deren Betreuung zu tun. Und passend zur Sommerausgabe das Thema Arbeitsbedingungen Selbstständiger in Deutschland, besonders freier „neuer Väter“, die zwischen Kindbetreuung und journalistischem Beruf die Balance halten.

Einen schönen Sommer mit möglichst viel Erholung wünscht
Karin Wenk,
Verantwortliche Redakteurin

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkfinanzierung in der Sackgasse

Bisher war Einstimmigkeit gefordert, wenn es um rundfunkpolitische Fragen ging. Die Ministerpräsident*innen der Länder sollen gemeinsam agieren, zum Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kein einfaches Unterfangen, wenn es um das Thema Rundfunkfinanzierung geht. Dass diese Praxis nun überarbeitet wird, ist Ausdruck einer Krise – wenn nicht der Demokratie, dann doch zumindest der Rundfunkpolitik der Länder.
mehr »

Kriminalität nicht mit Migration verknüpfen

Kriminelle Migranten bedrohen die Sicherheit in Deutschland“ – dieses alte rechte Narrativ wird von der AfD neu belebt und verfestigt sich in der Mitte von Gesellschaft und Politik. Medien, die diese realitätsverzerrende Erzählung bedienen, weil sie meinen, die laute Minderheit repräsentiere ein öffentliches Interesse, spielen mit dem Feuer.
mehr »

Mit BigTech gegen Pressefreiheit

Der Vogel ist frei“ twitterte der US-Milliardär und Big Tech-Unternehmer Elon Musk am 28. Oktober 2022, dem Tag seiner Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, der damals noch den blauen Vogel als Logo hatte. Der reichste Mann der Welt wollte nach eigener Aussage den Dienst zu einer Plattform der absoluten Redefreiheit machen: „Freie Meinungsäußerung ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem die für die Zukunft der Menschheit wichtigen Themen diskutiert werden“, hatte er zuvor erklärt.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »