Gitta Düperthal

Von den Medien getragen

Der ehemalige französische Innenminister Jean-Louis Debre hatte Sprecher der „Sans Papiers“, der französischen Bewegung illegalisierter Immigranten, die Papiere für alle und die Freizügigkeit ohne Ansehen der Staatsangehörigkeit an den europäischen Grenzen fordern, zum Gespräch geladen. Am Eingang des Innenministeriums fragte ein Polizist nach den Papieren der Sprecher. Diese lachten. „Aber wir sind doch die Sans Papiers“.(„Ohne Papiere“), konstatierten sie selbstbewusst.
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Wo ist der Geist, der stets verneint?

Im Widerstreit zu Erich Maria Remarques schonungsloser Betrachtung des Soldaten im ersten Weltkrieg in seinem Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“ formulierte einst der eiserne Kriegsverklärer Ernst Jünger: „Dem Sinn zu geben, was eine auf niederer Stufe stehende Anschauung als Widersinn und Äußerung menschlicher Unvollkommenheit betrachten mag, ist eine heilige Pflicht gegenüber Gefallenen und den Werdenden.“ Und ein strammer und vaterlandstreuer Lehrer beklagte 1931 in der „Pädagogischen Warte“ die Perspektivlosigkeit der Remarque-Figuren: „Die Probleme sind nirgends positiv gelöst. Es ist der Geist, der stets verneint.“
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Kulturverfall in den Zeitungen stoppen

„Linker Journalismus – gibt's den noch?“, fragte der Frankfurter Ortsvorstand der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Der langjährige Korrespondent der „Frankfurter Rundschau“ Eckart Spoo antwortete im Club Voltaire vor vollem Saal. An Beispielen aus der aktuellen Berichterstattung machte er deutlich, dass Journalistinnen und Journalisten heutzutage mehr denn je darum kämpfen müssen, ihre Unabhängigkeit zu erhalten.
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Eine neue Generation begehrt auf

Beim Symposium „Der junge Dokumentarfilm – Zwischen Ausbildung und Markt“, das Juni im Kölner Filmhaus stattfand, veranstaltet von der Dokumentarfilminitiative Mühlheim / Ruhr und dem Haus des Dokumentarfilms in Stuttgart, protestierte der Nachwuchs energisch gegen verstaubtes Traditionsfernsehen der öffentlich-rechtlichen Sender.
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Prämiert wird, was niemanden kratzt

Wie ein Staatsgeheimnis wurde der 38. Adolf-Grimme-Preis gehütet. Nichts, aber auch gar nichts durfte im Vorfeld verlautbart werden. Dann, endlich ist es raus. Mit Heinrich Breloeurs "Die Manns - Ein Jahrhundertroman" wurde ein politisch spannender Film im Fiktions- und Unterhaltungsbereich mit Gold belohnt.
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Der Terror der schönen Bilder

Fernsehmacher und Kritiker sind sich weitgehend einig: "In der Berichterstattung zum 11. September wurde ein guter Job gemacht". Zwar räumen Korrespondenten selbstkritisch ein, selbst vor Ort bisweilen weniger zu wissen, als die Redakteure im heimatlichen Studio. Durch das Sammelsurium an Agenturmeldungen seien diese einfach besser informiert. Diverse Tücken der Technik, Probleme, die Übersicht über das gesamte Geschehen zu behalten - zugestanden. Alles nicht so einfach.
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Hochgekochter Alarmismus

"Wieviel an Freiheit darf geopfert werden, um die Freiheit zu verteidigen?", fragte der Wiener Philosophieprofessor Konrad Paul Liessmann, einer der wenigen Kritiker bei den Mainzer Tagen der Fernsehkritik, die sich Biss bewahrt haben. Liessmann schlug den Fernsehmachern vor, in den Spiegel zu schauen. "Das Böse" sei nämlich keinesfalls nur im islamischen Kulturkreis zu vermuten, wie im Fernsehen seit dem 11. September vielfach kolportiert. "Das Böse ist immer und überall", mahnte Liessmann fröhlich respektlos. Dass die Fernsehmacher sich allerdings bloß einmal in ihrer näheren Umgebung umschauen müssten, um zu sehen, welche Folgen permanent unkritisch übernommene Bush-Zitate von…
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Geschlossenes Weltbild

"Kids hab' ich zum F gern..." lautete die Überschrift eines Beitrags im "Informationsdienst" "Rundy". Dieser bezog auf olle Klamotten aus der Vergangenheit Daniel Cohn-Bendits, als dieser sich in den 70er Jahren thematisch mit dem Frankfurter Kita-Projekt auseinander setzte, und arbeitet in diesem Zusammenhang mit eindeutigen Unterstellungen.
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Kritiker und Medienforscher im Spaßtaumel

Thomas Gottschalk leidet darunter, dass jeder seiner Handy-Anrufe auf dem Flughafen von Mitreisenden mit Spannung mitverfolgt wird, es könnte ja Madonna dran sein: Über die Befindlichkeiten der Fernsehmacher war bei den "34. Mainzer Tagen der Fernsehkritik" so einiges zu erfahren. Und wer bis dahin die Bedeutung des Wortes selbstreferentielles Fernsehen nicht hautnah zu spüren bekam - bitteschön!
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Frauen geschasst, Wirtschaft hofiert

"Es ist kein Thema, mit dem Du die Massen bewegst - und doch ein brandheißes Eisen", seufzt die stellvertretende Vorsitzende der "Landesanstalt für privaten Rundfunk" (LPR), Marita Eilrich. Die geplante Änderung des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk könne zukünftig Auswirkungen haben, die sich in letzter Konsequenz die meisten heutzutage noch gar nicht ausmalen könnten.
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Autorenrechte missachtet, verramscht und in Abrede gestellt

"Kurt Gerrons Karussell" heißt Ilona Zioks ebenso leiser wie ausdrucksstarker Dokumentarfilm über den jüdischen Chansonnier, Schauspieler und Kabarettisten, den die Nazis 1944 in die Gaskammer schickten. Bemerkenswert ist dieser Film vor allem, weil er Gerron in authentischen Erzählungen von Zeitzeugen, etwa von Camilla Spira, in all seiner Besessenheit als Künstler wieder lebendig werden lässt.
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Medienschlacht um den Kosovo-Krieg: Krieg mit Bildern

Die linken Reformer dürften eine Eigentümlichkeit der gesellschaftlichen Entwicklung nicht vergessen. Verbesserungen kommen nicht von selbst, sie müssten den Herrschenden immer abgetrotzt werden, gibt Johannes Agnoli in seinem Werk "Die Transformation der Demokratie" zu bedenken. Dies könne nur erreicht werden, wenn mit der Möglichkeit "des Schlimmeren" gewunken werde: dem "linksradikalen Gespenst als Stachel möglichen Fortschritts".
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Sollte nicht … endlich ein Grimme-Preis für journalistische Zivilcourage ausgelobt werden?

Der Dokumentarfilm ist groß im Kommen. Diesen Schluss legt jedenfalls die Verleihung des 36. Grimme-Preises nahe, der wegen seiner demokratischen und transparenten Auswahlkriterien als der bedeutendste Fernsehpreis der Republik gilt. Im Bereich "Information und Kultur" gab es dieses Mal gleich soviel Preiswürdiges auszuzeichnen, dass wir einen Preis mehr als gewöhnlich vergeben haben", freut sich der verantwortliche Referent des Marler Grimme-Instituts, Uli Spies. Eine mutige Entscheidung - haben sich doch die Programmmacher entschlossen, gesellschaftspolitisch relevante und kritische Dokumentarfilme in Programm-Nischen nach 23.00 Uhr verschwinden zu lassen, so dass vom…
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Mediale Aufregung aus banalem Anlass?

Katholiken, Konservative, Liberale, Sozialdemokraten, die Medien von Taz bis Faz und auch "Focus", alle klinken sich in die Debatte um die Fernsehsendung "Big Brother" ein. Offenbar besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens, dass hier die Menschenwürde verletzt wird.
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Neue Tugenden

Der 1. August nahte unaufhaltsam. Was haben wir freien Autoren geflucht und gewettert. Regeln pauken bis zum Abwinken. Dann dieser Albdruck (jetzt mit b), dass nichts mehr beim Alten (jetzt groß) bleibt. Was ist damit überhaupt gemeint, werden Sie fragen. Warum bloß dieses Wettern und Fluchen? Von welchem Alten ist die Rede? Vom Verleger vielleicht? Oder dem Zeitungsboss? Und dann dieser Druck vom unterirdischen Erdgeist? Wo doch der Alte freigiebig alles - also wahrscheinlich Urlaubsgeld, dreizehntes Gehalt - herausrücken will:  Nichts bleibt beim Alten. Schwamm drüber. Nur eines dieser zahllosen Missverständnisse, ausgelöst durch die neue Rechtschreibregelung. Und um die geht es…
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Was soll an Seifenopern bloß feministisch sein?

Ist es der alte Slogan der Frauenbewegung der 70er Jahre "Das Private ist politisch" wert, wieder aus der Mottenkiste hervorgekramt zu werden? Oder sollte man diese Devise nun wirklich verschämt im Kruschtelkasten auf dem Dachboden versenken, wie so vieles andere, von dem ehemalige 68er heutzutage nicht mehr gern hören? Gehört etwa vielmehr der angestaubte Dualismus des Privaten und des Öffentlichen gegeißelt, der aktuell durch die Medien befördert wird? Motto: Das Seriöse wird als männliche Form gefeiert - das als Kaffeeklatsch trivialisierte sogenannte Private gilt als typisch weibliche Lesart! Oder sollte es gar ein Fortschritt im feministischen Sinn sein, wenn in Daily Talks,…
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